Full text: [Teil 1 = Klasse 9 (2. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 1 = Klasse 9 (2. Schuljahr), [Schülerband])

bei meiner Rückkehr eine Freude bereiten, sagt mir daher, was ich 
euch mitbringen sokl?" Die Älteste sprach: „Lieber Vater, mir 
eine schöne Perlenhalskette!" die andere sprach: „Ich wünsche mir 
einen Fingerring mit einem Demantstein." Die Jüngste schmiegte 
sich an des Vaters Herz und flüsterte: „Mir ein schönes, grünes 
Nußzweiglein, Väterchen." — „Gut, meine lieben Töchter!" sprach 
der Kaufmann, „ich will mir's aufmerken, und dann lebet wohl." 
Weit fort reifete der Kaufmann und machte große Einkäufe, 
gedachte aber auch treulich der Wünsche seiner Töchter. Eine kost¬ 
bare Perlenkette hatte er bereits in seinen Reisekofser gepackt, um seine 
Älteste damit zu erfreuen, und einen gleich wertvollen Demantring 
hatte er für die mittlere Tochter eingekauft. Einen grünen Nußzweig 
konnte er nirgends gewahren, wie er sich auch darum bemühte. 
Auf der Heimreise ging er deshalb große Strecken zu Fuß und 
hoffte, da sein Weg ihn vielfach durch Wälder führte, endlich 
einen Nußbaum anzutreffen; doch dies war lange vergeblich, und 
der gute Vater fing an betrübt zu werden, daß er die harmlose Bitte 
seines jüngsten und liebsten Kindes nicht zu erfüllen vermochte. 
Endlich, als er so betrübt seines Weges dahinzog, der ihn just 
durch einen dunkelen Wald und an dichtem Gebüsch vorübersührte, 
stieß er mit seinem Hut an einen Nußzweig, und es raschelte, als 
fielen Schloßen darauf; wie er aufsah, war's ein schöner, grüner 
Nußzweig, daran eine Traube goldener Nüsse hing. Da war der 
Mann sehr erfreut, langte mit der Hand empor und brach den 
herrlichen Zweig ab. Aber in demselben Augenblicke schoß ein wilder 
Bär aus dem Dickicht und stellte sich grimmig brummend auf die 
Hintertatzen, als wollte er den Kaufmann gleich zerreißen. Und 
mit furchtbarer Stimme brüllte er: „Warum hast du meinen Nu߬ 
zweig abgebrochen, du? Warum? Ich werde dich auffressen." Be¬ 
bend vor Schreck und zitternd sprach der Kaufmann: „O lieber 
Bär, friß mich nicht und laß mich mit dem Nußzweiglein meines 
Weges ziehen, ich will dir auch einen großen Schinken und viele 
Würste dafür geben!" Aber der Bär brüllte wieder: „Behalte 
deinen Schinken und deine Würste! Nur wenn du mir versprichst, 
mir dasjenige zu geben, was dir zu Hause am ersten begegnet, so 
will ich dich nicht fressen." Dies ging der Kaufmann gerne ein, denn 
er gedachte, wie sein Pudel gewöhnlich ihm entgegenlaufe, und 
diesen wollte er, um sich das Leben zu retten, gerne opfern. Nach
	        
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