Full text: [Teil 2 = 3. und 4. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 2 = 3. und 4. Schuljahr, [Schülerband])

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hat, findet es nichts mehr in seinem Kruge, die Zunge der kranken 
zu kühlen. — Oder wem wollen wir das Wohltun des Pfarrers 
von Weidenbach vergleichen und durch welch Gleichnis wollen wir 
es vorbilden? Es war gleich dem Kinde, das die Goldfischlein 
aus dem Glase vor dem Fenster nimmt und tut sie in den Topf 
hinter dem Ofen, damit sie es wärmer hätten, denn in dem kalten 
Wasser draußen in der Märzluft, oder legt sie in sein Bettlein, das 
mit weichen Daunen gefüllt ist. Darum war es gut, daß der Pfarrer 
ein Weib hatte, welches ihm mit Rat und Tat zur Seite war, 
wenn sein Herz und seine Hand nach einem Werk der Barmherzig¬ 
keit verlangten. Dies bekannte und bezeugte auch der Pfarrer 
von Weidenbach und niemals öfter, denn seit dem langen und 
kalten Winter, von dem heutigestags noch die ältesten Leute an der 
Altmühl erzählen. 
Da klopfte eines Nachmittags ein wanderndes Handwerks- 
bürschlein an seine Haustür, und weil die Pfarrfrau bei der Mutter 
in der Stadt und die Magd mit dem Spinnrad bei der Nachbarin 
war, mußte der Herr selber gehen und auftun. Reden konnte 
das Bürschlein nicht viel, denn die Kälte schlug seine Kinnbacken 
aneinander. Aber seine Weste mit drei Knöpfen und einem halben 
machte es auf, so schnell es mit den roten steifen Fingern gehen 
wollte, und zeigte, daß darunter kein Hemd sei, sondern nur die 
bloße Haut. Dies war für den Pfarrer von Weidenbach zu viel. 
Der Anblick ging ihm zu Herzen. Sein Mitleid lief mit ihm auf und 
davon. Zuerst schob er das Bürschlein in die Stube auf seinen 
Armsessel, der hinter dem Ofen stand. Dann rannte er hinauf 
unter das Dach, wo noch die frisch gewaschene Wäsche hing; aber 
sie war gefroren, und die Hemden hingen an den Seilen steif wie 
Häute. Darauf machte er sich an die Kammer, darin die Pfarrerin 
ihr weißes Zeug aufbewahrte. Weil er aber in der Eile aufsperren 
wollte, obwohl schon aufgesperrt war, brach er dem alten Schlüssel 
den Bart ab und ließ ihn unverrichteter Dinge stecken. Dann wollte 
er sein eigenes Hemd ausziehen und den Nackenden damit kleiden. 
Als er aber in die Wohnstube kam, um den Schlüssel zu seiner Stu¬ 
dierstube zu holen, sah er aus dem Nähtisch der Pfarrerin ein 
nagelneues Hemd. Das wickelte er schnell zusammen, drückte es 
dem Bürschlein nebst einem Vierundzwanziger in die Hand und 
wünschte ihm glückliche Reise.
	        
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