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9. Da schlief das Bäumlein wieder ein,
und wieder früh ist’s aufgewacht;
da hat es grüne Blätter fein;
das Bäumlein lacht
und spricht: „Nun hab’ ich doch Blätter auch,
daß ich mich nicht zu schämen brauch’.“
10. Da kommt mit vollem Euter
die alte Geiß gesprungen;
sie sucht sich Gras und Kräuter
für ihre Jungen;
sie sieht das Laub und fragt nicht viel,
sie frißt es ab mit Stumpf und Stiel.
11. Da war das Bäumlein wieder leer;
es sprach nun zu sich selber:
„Ich begehre nun keiner Blätter mehr,
weder grüner, noch roter, noch gelber!
Hätt’ ich nur meine Nadeln,
ich wollte sie nicht tadeln.“
12. Und traurig schlief das Bäumlein ein,
und traurig ist es aufgewacht.
Da besieht es sich im Sonnenschein
und lacht und lacht.
Alle Bäume lachen’s aus;
das Bäumlein macht sich aber nichts draus.
13. Warum hass Bäumlein denn gelacht
und warum denn seine Kameraden?
Es hat bekommen in einer Nacht
wieder alle seine Nadeln,
daß jedermann es sehen kann.
Geh naus, sieh's selbst, doch rühr’s nicht an!
Warum denn nicht?
Weil’s sticht.
123. Strohhalm, Kohle und Sohne, von den Brudern erimm.
Kinder-und Hausmärchen. Originalausgabe. 32. Ausl., besorgt von Reinhold Steig.
Stuttgart und Berlin 1906. 8. 64.
3N einem Dorfe wohnte eine arme, alte Frau, die hatte ein Gericht
Bohnen Zusammengebracht und wollte sie kochen. Sie machte also auf
ihrem Herd ein Feuer zurecht, und damit es desto schneller brennen sollte,
zündete sie es mit einer Handvoll Stroh an. Als sie die Bohnen in
den Topf schüttete, entfiel ihr unbemerkt eine, die auf dem Boden neben