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5. Sei, Kaiser Wilhelm, hier
lang Leines Volkes Zier,
der Menschheit Stölzl
Fühl' in Les Thrones Glanz
Lie hohe Wonne ganz,
Liebling Les Volks zu sein!
Heil, Kaiser, Lirl
139. Kaisers Geburtstag in Lerlm. von Hmo fuchs.
Die Großstadt und ihr Verkehr. Berlin 1906. 8. 196.
er Geburtstag unsers Kaisers ist für die Bürger des
Landes ein Festtag. Wo Deutsche sind, wird dieser
Tag feierlich begangen. Groß und klein, jung und alt
freut sich auf den 27. Januar, und gar zu gern möchte
wohl ein jeder seine guten Wünsche dem geliebten Kaiser
selbst sagen. Ganz besonders festlich aber verläuft dieser
Tag in der Residenz des Kaisers, in Berlin.
Frühmorgens bläst ein Trompeterchor einen Dankchoral von der
Kuppel des Königlichen Schlosses; denn zuerst soll dem lieben Gott Dank
dargebracht werden, daß er unsern Kaiser gesund in das neue Lebens¬
jahr geführt hat. Dann marschiert eine Militärkapelle vom Schloßhofe
über den Lustgarten, die Linden entlang bis zum Brandenburger Tor
und zurück und spielt dabei fröhliche Weisen und schneidige Märsche. Halb
Berlin ist nun schon auf den Beinen und begleitet die Musik. Ist die
Kapelle vom Wecken — so nennt man ihren Umzug — zurückgekehrt,
dann läuten die Glocken; denn nun beginnt der Gottesdienst in der Schlo߬
kirche. Unsere Kaiserin, die Prinzen und die Prinzessin und die An¬
gehörigen des Kaisers haben unterdessen dem Geburtstagskinde ihre Glück¬
wünsche dargebracht. Und nun will der Kaiser Gott danken für den
Schutz und Segen, den er ihm in dem verflossenen Lebensjahre gespendet
hat. Mit seiner Familie, seinen Angehörigen und seinen Gästen betet er
zu dem Allmächtigen, und mit ihm bitten zu gleicher Zeit viele tausend
fromme Bürger, daß Gott ihn auch ferner gnädig beschütze. Zu derselben
Zeit haben sich in allen Berliner Schulen die Schüler und Schülerinnen
versammelt und feiern Kaisers Geburtstag.
Nach dem Gottesdienst begibt sich der Kaiser mit seinem Gefolge
in den Weißen Saal. Hier empfängt er die Glückwünsche seiner Minister
und Beamten, seiner Generale, der Männer, die das ganze Volk nach
Berlin gesandt hat, damit sie mit den Ministern beraten sollen, und der
Gesandten fremder Völker. Und während der Kaiser alle diese Glückwünsche
entgegennimmt feuern die Kanonen 101 Kanonenschüsse im Lustgarten ab.
Darauf begibt sich der Kaiser zu Fuß über den Lustgarten nach dem