Schlupfwinkel da unten entdecken. Was für merkwürdig zarte
Fäden und Fadenbüschel waren da von einem Schilfstengel bis zum
andern gewachsen! Wahrlich, auf dem Grunde des Meeres konnte
es nicht seltsamer und märchenhafter sein! Eine ganze Schar
schwarzer Taumelkäfer taucht aus der Tiefe an die Oberfläche
empor. Die spielen Kriegen und jagen einander und fahren im
Zickzack und dann wieder im Kreise auf dem Wasser dahin. Zahl¬
lose winzige grüne Blätter werden von ihnen an die Seite gedrängt,
wie die Straßenfeger reinigen sie die schmutzige Wasserstraße des
Grabens. Ein rosenroter Stichling schießt durch das Wasser, ein
großer Schwimmkäfer mit gelbem Rande rudert von einer Seite
zur andern, und dann steigt aus der Tiefe ein Salamander empor.
Ohne ein Glied zu rühren, läßt er sich vom Wasser bis dicht an
die Oberfläche heben und bleibt dort regungslos hängen. Die
Sonne bescheint ihn, und seine prächtige Pantherhaut leuchtet in
schwarz und rot und gelb.
Ganz still ist’s am Graben. Nichts rührt und regt sich. Nur
die Sonne scheint, und ein paar Mücken tanzen. Da fällt kaum
hörbar in die lautlose Stille von einem wilden Rosenzweige, der
über das Wasser ragt, ein kleines grünes Räuplein. Ungefähr vor
die Nase des Salamanders ist es gefallen. Da kommt Leben in
seine Glieder. Mit zwei Ruderbewegungen ist er bei der Raupe.
Er schnappt zu und zerrt das Tierchen unter das Wasser. Und
wie das Räuplein sinkt und immer tiefer sinkt, schwimmt der Sa¬
lamander ruhig und bedächtig hinterher, als denke er: Du entgehst
mir doch nicht.
Wieder ist alles still. An den Schilfstengeln kleben gelbliche,
wunderzarte Schnecken und gleiten gemächlich stengelauf und -ab.
Da huscht eine Ratte am Ufer dahin. Ihre gierigen Augen blicken
frech nach allen Seiten. Sie nagt an einem alten, morschen Brette.
Sie gräbt mit den Vorderfüßen aus dem Schlamme einen Apfel
und nascht auch davon. Die Sonne, die ja auf die Gerechten und
die Ungerechten scheint, wärmt auch ihren gelbgrauen Rücken und
ihren langen Ringelschwanz, und die Ratte duckt sich nieder und
dehnt sich und streicht mit den Vorderpfoten ein paarmal über
den Kopf, als wäre es ihr sehr behaglich so! Da auf einmal
hebt sie ihn, blickt eine Sekunde in die Ferne, und sich schnell
umwendend, huscht sie in großen Sprüngen davon, sicher ihrem
Loche zu. —
Aber nichts ist zu sehen, gar nichts. Der Sonnenschein
lagert auf dem Wasser, und der ganze Graben ruht im tiefsten
Frieden. Wenn man ganz feine Ohren hätte, müßte man den Saft
unter der Rinde kochen hören können. Und der Saft steigt, und