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kleine Stube verfinsterte, stieß er in abgebrochenen Sätzen hervor: „Marianne,
Felix, helft, sonst ist alles verloren; nehmt Schaufel, Bickel, Axt und Säge,
und folgt mir, so rasch ihr könnt," und zu den zwei ältesten Söhnen ge¬
wendet, rief er diesen zu: „Frieder, Karl, jeder nimmt ein Beil und begleitet
die Mutter! aber rasch, rasch!" und er stürmte mit der brennenden Pech¬
pfanne wieder zur Thür hinaus. „Jesus, welche Nacht!" seufzte die Frau,
aber dann wurde kein weiteres Wort mehr gesprochen, und in einer halben
Minute waren Felix, Marianne und die zwei Knaben mit Werkzeugen be¬
laden und eilten dem Bahnwart nach- In der Stube war es wieder stille
geworden. Faßan hatte sich bei dem Lärm zwar erhoben, legte sich aber
jetzt wieder nieder mit dem festen Vorsatz, sich heut nacht durch nichts mehr
stören zu lassen, es müßte denn sein, daß sein Herr ihm als Belohnung
für seine Heldenthat ein Stück Kalbsbraten vorsetzen wolle, was ihm aber
kaum wahrscheinlich vorkam. Auch der achtjährige Heiner stand still am
Tisch und schaute nachdenklich vor sich hin. Plötzlich sprang er auf und rief:
„Hans, komm, wir müssen auch helfen, sie werden nicht ohne uns fertig,
ich weiß schon," und damit schleppte er aus der Kammer die mächtige
Zimmermannssäge und eine Schaufel herbei. „Da, Hans, nimm und komm,"
und damit eilte er, die Säge nachschleppend, aus der Thür. Hans nahm
den Schaufelstiel wie ein Steckenpferd zwischen seine kleinen Beine: „Hü,
Roß," rief er und galoppierte dem Bruder nach. Faßan aber, der im
Alleinbesitz der warmen Stube zurückblieb, knurrte behaglich und überlegte,
ob an dem Kalbsbraten auch wohl Knorpeln sein würden. —
4. Nach dem letzten gewaltigen Angriffe hatte sich der Sturm gelegt
und einer völligen Windstille Platz gemacht; die Kälte war nicht mehr so
arg, und auf dem Bahndanim hatte der Schneepflug tüchtig aufgeräumt, so
daß Marianne und die andern rasch vorwärts kamen. Nach zwanzig Schritten
sahen sie, beleuchtet von der einen Pechpfanne, eine riesige Pappel quer über
den Schienen liegen. „Potz Forstinspektor und Tannenzapfen," rief der Wald¬
hüter, „die hat derselbe Windstoß umgebrochen, der uns den Kamin auf die
Köpfe warf. Wenn der Zug auf den verdammten Klotz stößt, giebt's ein
furchtbares Unglück. Holla, Jungens, Axt und Beil zur Hand, haut Äste und
Zweige weg, daß die Funken fliegen," und indem er sich zu der Frau wandte,
die mit gefalteten Händen dastand, sagte er freundlich: „Helft, Marianne,
schleppt die Äste aus dem Wege." Indem kam der Mann eilenden Laufes
und von Schweiß triefend und rief: „Brav, Kinder; aber hört, der Zug
sollte schon da sein, der ist gottlob vom Schnee aufgehalten. Tausend Schritt
von hier habe ich die zweite Pechpfanne aufgestellt, wenn der Lokomotivführer