Full text: [Teil 1 = 2. Vorschulklasse, 2. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 1 = 2. Vorschulklasse, 2. Schuljahr, [Schülerband])

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VI. Otto -er Große.*) 
936 — 973. 
Wahl und Krönung. 
Nachdem nun also der Vater des Vaterlandes und der größte und 
beste der Könige, der Herr Heinrich, entschlafen war, da erkor das ganze 
Volk der Franken und Sachsen dessen Sohn Otto, der schon vorher zum 
Nachfolger bezeichnet war, zu seinem Gebieter, und als Ort der allgemeinen 
Wahl bezeichnete und bestimmte man die Pfalz zu Aachen. Es ist aber 
jener Ort nahe bei Jülich, welches von seinem Gründer Julius Cäsar den 
Namen erhalten hat. Und als man dorthin gekommen war, versammelten 
sich die Herzöge und die Ersten der Grafen mit der Schaar der vornehmsten 
Vasallen in dem Säulengange, welcher mit der Basilika des großen Karl 
verbunden ist, und sie setzten den neuen Herrscher auf einen hier errichteten 
Thron; hier reichten sie ihm die Hände,**) gelobten ihm Treue und Hülfe 
gegen alle seine Feinde, und machten ihn so nach ihrem Brauche zum 
Könige. Während dies von den Herzögen und den übrigen Beamten vor¬ 
genommen wurde, erwartete der höchste Bischof mit der gesammten Priester¬ 
schaft und dem ganzen niedern Volke unten in der Basilika den Aufzug 
des neuen Königs. Als dieser eintrat, ging ihm der Erzbischof entgegen 
und berührte mit seiner Linken die Rechte des Königs, während er selbst 
in der Rechten den Krummstab trug, und angethan mit der Alba, geschmückt 
mit der Stola und dem Meßgewand, schritt er vor bis in die Mitte des 
Heiligthums, wo er stehen blieb, und sich zu dem Volke wendend, welches 
rings umher stand — es waren nämlich in dieser Basilika Säulengänge 
unten und oben im Kreise errichtet, so daß er von allem Volke gesehen 
werden konnte — sprach er so: Sehet, hier stelle ich euch vor den von 
Gott erkornen und vom Herrn Heinrich früher bezeichneten, nun aber von 
allen Fürsten zum Könige erhobenen Herrn Otto; wenn euch diese Wahl 
gefällt, so bezeugt dies, indem ihr die rechte Hand zum Himmel emporhebt. 
Darauf hob alles Volk die Rechte in die Höhe und wünschte mit gewalti¬ 
gem _ Geschrei dem neuen Gebieter Heil und Segen. Sodann schritt der 
Erzbischof mit dem Könige, welcher mit dem enganliegenden fränkischen Ge¬ 
wände bekleidet war, hinter den Altar, auf welchen die königlichen Insignien 
gelegt waren, das Schwert mit dem Wehrgehenk, der Mantel mit den 
Spangen, der Stab mit dem Scepter und Diadem. Höchster Priester war 
nämlich zu dieser Zeit Hildiberht, von Geschlecht ein Franke, seines Standes 
ein Mönch, erzogen und gebildet im Kloster zu Fulda, und nach Verdienst 
zu so hohen Ehren gestiegen, daß er zum Vorsteher dieses Stiftes ernannt 
wurde, später aber die höchste Würde des erzbischöflichen Stuhles zu Mainz 
erlangte. Er trat an den Altar, nahm hier das Schwert mit dem Wehr- 
*) Nach Widukind, res gestae Saxoniae. Deutsche Uebersetzung von Reinhold 
Schott in Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit. (verkürzt.) 
**) Der Huldigende hielt, indem er den Cid sprach, seine Hände zwischen den 
Händen des Königs.
	        
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