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Abenden durch die Luft schwirrt. Am Morgen aber, wenn er von
der Nachtkälte starr geworden ist, schütteln sie ihn von den Bäumen.
Sie erwärmen ihn mit dem Hauch ihres Mundes und lassen ihn
darauf an einem rauhen Stab emporklettern. Bald breitet er seine
Flügel aus und fliegt davon. Dann singen sie:
„Maikäfer, fliege!
Dein Vater ist im Kriege,
É deine Mutter ist in Pommerland.
Pommerland ist abgebrannt,
Maikäfer, fliege!“ Moritz Baron.
113. Des Bienchens erster Zrühlingsschmaus.
Ls war Frühling geworden: Die Sonne hatte den Schnee
von den Bergen weggetaut; die grünen Grasspitzen kamen
aus den welken Halmen hervor; die Knospen der Bäume
brachen auf und ließen schon die jungen Blättchen durch¬
scheinen.
Da wachte das Bienchen aus seinem tiefen Schlafe auf,
worin es den ganzen Winter gelegen hatte; es rieb sich die
Uugen und weckte seine Kameraden, und die öffneten die
Lür und sahen, ob das Eis und der Schnee und der Nord¬
wind fortgegangen wären. Und sieh, es war überall Heller
und warmer Sonnenschein. Da schlüpften sie heraus aus
dem Bienenkörbe, putzten ihre Flügel ab und versuchten wie¬
der zu fliegen. Sie kamen zum Apfelbaum und fragten:
rrQaft du nichts für die hungrigen Bienchen? Wir haben
den ganzen Winter nichts gegessen."
Der Apfelbaum sagte: ,,Nein, ihr kommt zu frühe zu
mir; meine Blüten stecken noch in der Knospe, und sonst
habe ich nichts. Geht hin zu der Kirsche!" Da flogen sie zu
dem Kirschbaum und sagten: „Lieber Kirschbaum, hast du
keine Blüten für uns hungrige Bienchen?" Der Kirschbaum
antwortete: „Kommt morgen wieder, heute sind meine Blüten
noch alle geschlossen. Wenn sie offen sind, sollt ihr will¬
kommen sein."