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108. Unser täglich Brot gib uns heute!
1. Der Bäcker bäckt das liebe Brot,
daß wir nicht leiden Hungersnot.
2. Doch gäb’ der Müller kein Mehl dazu,
was, armer Bäcker, was tätest du?
3. Dem Müller liefert der Bauersmann
das Korn, damit er mahlen kann.
4. Der Bauer gewinnt die Körner im Feld,
das er im Frühjahr mit Fleiß bestellt.
5. Zum Wachsen aber den Sonnenschein
und Regen und Wind gibt Gott allein.
6. Drum bitten wir all’: Lieber Herr und Gott,
bescher uns heut’ unser täglich Brot!
Ernst Lausch.
109. Das Leben der Singvögel.
1. Die Singvögel führen allem Anscheine nach ein sehr vergnügtes
Leben. Lhe sie noch aus dem Li schlüpfen, ist ihnen schon die wiege
bereitet, in der sie großgezogen werden sollen. Venn wenn sie aus dem
Li kommen, sind sie entweder ganz nackt oder nur mit einem grauen
Flaum bedeckt und können sich gar nicht Helsen. Doch werden sie dann
von den Ulten mit großer Sorgfalt gefüttert. Sie brauchen nichts zu
tun, als ihre gelben Schnäblein aufzusperren und zu zwitschern, wenn
der Vater oder die Mutter kommt, vazu^deckt sie die sorgsame Mutter
des Nachts mit ihren Flügeln zu, da sie nicht naß werden und nicht
frieren dürfen.
2. Sind sie flügge geworden, d. h. sind ihnen die Federn so weit
gewachsen, daß sie fliegen können, so verlassen sie das Nest und setzen
sich auf einen Strauch oder Baum, freuen sich am Sonnenschein und
warten, bis ihnen der Vater oder die Mutter ein würmlein, Mücklein
oder Käferlein bringt und in den Schnabel steckt. Sich ihre Nahrung
selber zu suchen, dazu sind sie noch zu einfältig, haben sie endlich auch
das gelernt, und es kommt der Winter herbei, so ziehen sie in zahlreicher
Gesellschaft oder auch einzeln fort, um wärmere Gegenden aufzusuchen
und da zu warten, bis der Winter vorbei ist.
3. wenn dann die Knospen der Bäume schwellen, wenn die Büsche
und Hecken grün werden, ziehen sie wieder in ihre Heimat. Sie ver¬
künden uns dann durch ihre Wiederkunft den Frühling, va trifft sie
indessen freilich manchmal ein Unglück. Sie lassen sich nämlich bisweilen
von warmer Witterung verleiten, zu bald auf die Reife zu gehen. Kom-