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Geschichten.
Damit gab er ihm die Länge des Männleins. Als der
Anzug fertig war, hängte er ihn auf ein Stühlchen neben
dem Amboß und stellte einen kleinen Spiegel dabei. Dann
versteckte er sich, um zu beobachten, was das Männlein
zu dem Geschenke sagen würde.
Kaum hatte dieses die Kleider erblickt, so warf es
Schurzfell und Hammer beiseite und betrachtete mit Freude
und Erstaunen die schönen Gewänder. Alsbald fing es
an, sie anzulegen. Dann bewegte es sich wie ein eitles Mäd¬
chen vor dem Spiegel auf und ab und sprach: „Ei, wie
schön mir das weiße Höschen paßt! Ei, wie schmuck mir
das blaue Samtröcklein steht!" Zuletzt setzte das Männ¬
lein auch den Federhut auf und steckte den feinen Degen
ein. Da wußte es sich vor Freude kaum zu lassen und
sprang wieder aus einem Bein einher. Plötzlich aber fielen
seine Blicke auf die Eisenklumpen, und es stand wie an¬
genagelt still. „Nein," sprach es endlich, „mit dem Schmie¬
den ist es nun vorbei; solche gemeine Arbeit ziemt sich nicht
für einen so schmucken Junker, wie ich jetzt bin." Damit
flogen das Schurzfell und der Hammer in die Kohlen, und
das Junkerlein klatschte vor Freude in die Hände, als sie
in Flammen aufgingen. Darauf nahm es sein silbernes
Hütchen und ging stolz zur Tür hinaus.
Fortan mußte der Schmied seine Arbeit selbst verrichten,
wenn sie getan werden sollte. Da er aber durch des Männ¬
leins Dankbarkeit reich geworven war, so legte er sein Ge¬
schäft nieder und lebte in Ruhe.
Mendt.
173. Der hartgeschmicdete Landgraf.
Landgraf Ludwig zu Thüringen und Hessen war an¬
fänglich ein gar milder und weicher Herr, demütig gegen
jedermann; da huben seine Junker und Edelinge an stolz
zu werden, verschmähten ihn und seine Gebote, aber die
Untertanen drückten und schätzten sie aller Enden. Es trug
sich nun einmal zu, daß der Landgraf jagen ritt in den