176
zu sichern. Die Hauptstraße aber schützt man stellenweise durch über¬
baute, bedeckte Gänge.
Steht der Wanderer weit entfernt von der stürzenden Lawine,
so sieht er den Schneestreifen an der Bergwand scheinbar allmählich
hinab gleiten, ähnlich wie bei Tauwetter am steilen Schieferdache eine
Schneeschicht hinab rutscht. Zugleich hört er einen dumpfen Donner
wie von einem fernen Gewitter. In der Nahe zeigt sich die Lawine
aber viel furchtbarer. Was von fern allmähliches Gleiten schien, ist in
der Nähe rasende Schnelligkeit. Gar manches Haus ist schon samt
seinen Bewohnern von ihnen begraben worden. Zuweilen hat man die
Unglücklichen, die dort ihren Tod fanden, erst nach Wochen zu Tage
fördern können. Selbst der Luftdruck, den die stürzende Schneemasse
verursacht, wird zum Sturmwind, der Hütten hinwegbläst und starke
Bäume entwurzelt.
Wenn der Sturm auf den meilenlangen Schneefeldern der Hoch¬
alpen mit fürchterlicher Gewalt rast, so rafft er ungeheure Schnee¬
massen auf und führt sie mit sich. Er wirbelt diesen Staubschnee zu
riesigen Wolken zusammen und schlendert sie in die Thäler. Das
sind die Staublawinen. Bei den Grundlawinen weiß der Alpen¬
bewohner ungefähr die Stellen, an denen sie zu stürzen Pflegen. Die
Staublawinen dagegen erscheinen ganz willkürlich, je nachdem die
Gewalt des Sturmes nachläßt. Andererseits können Verschüttete ans
den Staublawinen leichter ansgegraben itnb gerettet werden. Der
nasse Schnee der Grnndlawinen aber erdrückt und erstickt sie.
Kommst du bei einer Alpenwanderung in Thäler, die von Lawinen
heimgesucht werden, so verstehst du, warum die Älpler grüßen: „Behüt
dich Gott!" — Dort kann nur der behüten und beschirmen,' nach
dessen Willen die Sturmwinde wehen, und die Lawinen ihren Weg
einschlagen. Nach H. Wagner „Entdeckungsreisen".
8. Februar.
Im Februar gar weiß und klar liegt Schnee noch auf den
Feldern, liegt Schnee auf allen Wäldern. Die Sonn' ist trüb', der
Himmel grau; wohin ich geh', wohin ich schau' — nur Schnee und
Eis, nur Grau und Weiß. Wie ist doch alles still umher! Kein Lied
tönt von den Bäumen mehr, kein Blümchen mehr sich zeigen will.
O Tag, wie bist du kalt und still!