Ausbildung erhalten, desgleichen sein jüngerer Bruder, der Prinz
Heinrich.
Hierzu hatten die kronprinzlichen Eltern das Gymnasium zu
Kassel auserwählt. In eigener Person geleiteten sie ihre Söhne
dorthin und machten alsbald dem Direktor der Anstalt und den
betreffenden Klassenlehrern ihren Besuch. Sorgfältig berieten die
Eltern mit diesen die weitere Ausbildung der Prinzen. Die Prüfung
ergab, daß Prinz Wilhelm die Reife für Ober-Sekunda hatte, während
Prinz Heinrich zunächst noch durch Privatunterricht gefördert werden
sollte, um später in die Realschule einzutreten.
So war also Prinz Wilhelm Ober-Sekundaner des Gymnasiums
in Kassel. Der Direktor und die Lehrer der Anstalt rühmen vor
allem das willige Eingehen des Prinzen in die Ordnungen der
Schule und seinen unbefangenen und liebenswürdigen Verkehr mit
seinen Mitschülern. Auch sein treuer Fleiß wird lobend anerkannt.
Der Prinz stand des Morgens Punkt 6 Uhr auf. Mit Vorbereitungen
für den Schulunterricht wurde die Zeit bis zum Beginne desselben
ausgefüllt, und dann ging es zur Schule.
Die Frühstückspause führt alle Schüler auf dem weiten Hofe
zusammen. In Gruppen stehen sie bei einander, plaudern und essen.
Auch Prinz Wilhelm öffnet seine blecherne Dose, um ihr ein Weiß-
brötchen mit saftigem Wildbraten zu entnehmen, schließt sie aber
sofort wieder. Er sucht sich Freund S. (jetzt Arzt in Spandau) auf,
in dessen Händen er grobes Schwarzbrot gesehen hat, gegen das er
seine Weizensemmel schnell umtauscht. Seitdem sorgen die Eltern
von S. regelmäßig dafür, ihrem Sohne ein Stück derben Kommi߬
brotes für den Prinzen mitzugeben, das sich derselbe selten ent¬
gehen läßt.
An den Festen und Ausflügen der Schule nahm Prinz Wilhelm
eifrig teil. Als am Sedantage des Jahres 1875 die Gymnasiasten
sich an dem städtischen Festzuge beteiligten, trug er auf eigenen
Wunsch die neue Schulfahne und schwenkte sie in Jugeudlust inmitten
seiner Kameraden.
So vergingen die drei Schuljahre in angestrengter und erfolg¬
reicher Thätigkeit. Am 25. Januar 1877 legte Prinz Wilhelm mit
noch sechszehn andern Zöglingen der Anstalt die Reifeprüfung ab.
Wegen seines gleichmäßigen lind andauernden Fleißes erhielt er bei