Full text: Lesebuch für berg- und hüttenmännische Fortbildungsschulen

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Gib uns heut' unsere tägliche Arbeit! 
1c. Gib uns heut' unsere tägliche Arbeit! 
(Für den Schulgebrauch redigiert.) 
Es gibt kaum etwas so Verächtliches, als gesunde Leute, die 
nicht arbeiten. 
Ich fühle mich am vollsten befriedigt, während ich arbeite. 
Wenn ich betrübt, verstimmt bin, da mache ich mich an die 
Arbeit, und bald gewinne ich meine Munterkeit. Mir ist für meine 
Gesundheit die tägliche Arbeit fast so notwendig, wie der tägliche 
Schlaf. Übt man jene nicht, so kommt dieser nicht. Die heutige Welt 
braucht vor allem drei Dinge, nämlich Arbeit, Arbeit und noch ein— 
mal Arbeit. Und dieselben Dinge braucht der einzelne heute not— 
wendiger als je. Das war ein kluger Kopf, der Stefan Breitegger, 
Zimmermeister in Stanz. Als man in der Gegend die Sechziger— 
Lose feil hielt, sagte er, er nähme schon ein Stück, nur sorge er 
sich, daß er zufällig einen Treffer machen könnte. „Der Treffer“, 
sagte er, „könnte mir leicht die Freude an der Arbeit verderben — 
und dann hätte ich gar nichts.“ Den Treffer rechnete er gar nicht, 
der Schelm. Rosegger, Allerlei Menschliches. 
— —— — — —— 
2. Aus Christoph v. Schmids Kindheitserinnerungen. 
1. Mein Vater widmete den Abend ganz seinen Kindern. 
Er hörte uns dann ab, was wir an diesem Tage in der Schule 
gelernt hatten, und wußte uns so lehrreich wie angenehm zu unter— 
halten, vorzüglich mit Erzählungen, unter denen mir die bib— 
lischen Geschichten die liebsten waren und mir unvergeßlich geblieben 
sind. Er trug sie mit besonderer Vorliebe, mit Innigkeit und An— 
dacht vor. Durch die einfachen biblischen Erzählungen gewann ich 
Gott, den Vater im Himmel, lieb und empfand kindliche Ehrfurcht 
gegen ihn. Ich wurde ganz in das Paradies der ersten Eltern, in 
die Hütten der Patriarchen, in die Wüste, wo Moses die Schafe 
hütete, auf die Felder, wo die fromme Ruth Ähren las, versetzt. 
Diese Erzählungen waren mir heilige Idyllen. 
2. Abends machte der Vater wohl einen Spaziergang mit uns. 
Ich erinnere mich, daß er einmal mit mir einen sehr geschickten Künstler 
besuchte; der Mann klagte aber, daß seine Geschäfte nicht so gut 
gingen, wie er wünschte. Mein Vater sagte: „Das wundert mich 
nicht, Arbeiten, die man des Brotes wegen am Sonntage vor— 
nimmt, bringen keinen Segen.“ — „Der einzige Reichtum, den ich 
euch hinterlassen kann“, sagte mein Vater, „ist eine gute Erziehung
	        
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