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Schweinezucht im Vergleich mit dem der germanischen Vorzeit keine
wesentlichen Veränderungen erlitten zu haben, wie wir aus den freilich
nur dürftigen Nachrichten über die wirtschaftlichen Vorgänge während
dieses langen Zeitraums zu schließen berechtigt sind.
2. Daß die wiederholt hervorgehobene schonungslose Plünde—
rung der deutschen Wirtschaft in ihrer Gesamtheit während der
Schreckenszeit des Dreißigjährigen Krieges auch die bis dahin mit
großer Vorliebe gepflegte deutsche Schweinezucht in den Abgrund
des Verderbens hineinziehen mußte, ist selbstverständlich. Verwun—
dern kann es jedoch nicht, daß sie sich unter den verschiedenen Arten
der Viehzucht am schnellsten wieder emporarbeitete und in verhältnis—
mäßig kurzer Zeit gekräftigt, im Vergleich mit der Zeit vor dem
großen Kriege an Zahl der Tiere unvermindert dastand. Nicht allein,
daß die außerordentliche Fruchtbarkeit des Schweines der schnellen
Ergänzung des gelichteten Bestandes zustatten kam, sondern auch die
Weide auf oft herrenlosem Grunde entvölkerter Landschaften trug
während eines großen Teiles des Jahres zur leichten, billigsten Er—
nährung des zahlreeichen Nachwuchses wesentlich bei.
3. So konnte denn die jetzt nicht länger gefährdete Zucht von
neuem ihre bedeutungsvolle Stelle in der Landwirtschaft einnehmen
und durch alle Folgezeiten behaupten. Wohl ist man berechtigt, ihren
Platz innerhalb der Zweige landwirtschaftlicher Tierzucht bedeutungs—
voll zu nennen und ihn im Range für gleichwertig demjenigen der
Pferde-⸗, Rindvieh- und Schafzucht zu schätzen. Das tritt klar zutage,
sobald man sich den Nutzen der Schweinezucht vergegenwärtigt. Welche
hervorragende Rolle sie in der Ernährung des Volkes spielt, ist hin—
reichend bekannt, und wir wissen, wie unheil- und verhängnisvoll es
wirkt, wenn aus der einen oder andern Ursache in der Versorgung
des großen vaterländischen Marktes mit Erzeugnissen der Schweine—
zucht eine Stockung sich fühlbar macht. Wir sind des weiteren darüber
hinlänglich unterrichtet, daß sich gewisse, nicht unmittelbar verkäuf—
liche Produkte des Landbaues durch keine andere Tiergattung so
vorteilhaft verwerten lassen als durch das Schwein, wie solches nament—
lich für manche Nebenprodukte bzw. Abfälle landwirtschaftlich-tech—
nischer Gewerbe, ganz besonders der Molkereiwirtschaft zutrifft. Ist
in diesem Betracht die Schweinezucht selbst für die Großwirtschaft
vielfach schon von unschätzbarem Werte, um wieviel mehr ist es für
alle Kleinwirtschaften der Fall. Welche unendliche, in Zahlen und
Werten freilich schwer zu bemessende Menge von Nahrungsstoffen
empfängt die Schweinezucht in den Abgängen des ländlichen Haus—
haltes, vom umfangreichsten an bis herab zu dem des bescheidensten
Arbeiters! Für diesen zumal und für dessen enge Wirtschaft kann
der Wert der Schweinehaltung nicht hoch genug veranschlagt werden.
Bei verhältnismäßig billiger Ernährung der Tiere, in welcher selbst—
gebaute Kartoffeln gewöhnlich einen Hauptbestandteil ausmachen und
Küchenabfälle, Kräuter und ähnliche sonst kaum verwertbare Stoffe