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A. Dorf und Flur 151
ben des Kreises hat die Bleierzgrube Viktoria, die an der Nordgrenze
des Kreises inmitten herrlicher Buchenwälder liegt, infolge ihrer großen
Förderung einen guten Nuf. Der freundliche Obersteiger erteilte uns
bei einem Besuche bereitwillig die Erlaubnis, die Grube zu befahren,
vor der Einfahrt mußten wir uns erst umkleiden. Über unsre Beinkleider
stülpten wir rasch eine blaue Leinwandhose,' ein Bergmann half uns
den dunkeln Bergmannskittel anziehen. Ñuf den Kopf setzten wir eine
Lergmannskappe und nahmen ein Licht in die Hand. Es ging hinein
in den wagerechten, dunkeln Stollen. Unheimlich rauschte das Wasser zu
unsern Füßen, wir schritten auf darüber gelegten Brettern hinter un¬
serm Führer her, das Grubenlicht mitten vor die Brust haltend, damit es
nicht durch den hier herrschenden starken Luftzug ausgelöscht würde. Das
anfänglich vorhandene ängstliche Gefühl verschwand, wir schauten um
uns. Düster und drohend blickten die dunkeln Grauwacken, durch die
der Stollen getrieben war, auf die voranschreitenden hernieder, hin
und wieder hingen von den hölzernen Pfosten, durch welche im Verein
mit den darüber gelegten (Querbalken die Steinmassen gehalten wurden,
schneeweiße Pilze herab, die hier unten in dem dunkeln Schoß der Erde
gar üppig wucherten. Bald hatten wir den Ort erreicht, wo der Stollen
auf den von der höhe des Berges senkrecht gehauenen Schacht stößt. In
dem Schachte bewegten sich die Förderkörbe auf und ab,- der eine geht
hinauf, wenn der andre herabgelassen wird. Ñus den zahlreichen Gän¬
gen, die von hier ausgehen, kamen die wagen herangerollt. Durch
Klopfen mit einem Hammer auf eine eiserne Tafel wurden dem Maschi¬
nisten die nötigen Befehle gegeben. Der Förderkorb hielt - die wagen mit
dem erzfreien Gestein (Berge genannt) wurden emporgezogen und oben
auf große Haufen (Halden) ausgeschüttet.
Der Führer mahnte zur Eile, wir folgten ihm durch einen der zahl¬
reichen Gänge und gelangten vor Ort,- so nennt der Bergmann die Stelle,
wo gearbeitet wird. Dort "war ein etwa 6 m breiter Gang Bleierz ange¬
hauen, der sowohl nach oben wie nach unten durchging und die Gesteins¬
massen in schräger Nichtung schnitt. Wunderschön glitzerte das dunkel¬
blaue Schwefelblei in dem Schein der Lampe. Der Steiger zeigte uns eine
Stelle, wo das Wasser kleine Höhlungen ausgewaschen hatte. Es hatten
sich schöne Kristalle gebildet, wir hatten das Glück, ein Stück Erz mit
kleinen, aber sehr schön ausgebildeten Kristallen herauszuhauen. Plötz¬
lich hielt unser Führer das Licht höher, und das Gestein begann mit
dunkelblauem Scheine zu brennen, ein scharfer Geruch machte sich bemerk-
lich. ñn jener Stelle befand sich nämlich gediegener Schwefel, den man
sonst wohl fast gar nicht in Deutschland findet. Bekanntlich kommt er sehr
häufig auf der Insel Sizilien vor. Der gediegene Schwefel hat sich hier
aus dem vorhandenen Schwefelblei gebildet' der Bleigehalt ist ausge¬
schieden und der Schwefel zurückgeblieben, wir freuten uns sehr, als uns
der Steiger erlaubte, eine kleine Probe mitzunehmen.
Nachdem unser Sammeleifer befriedigt war, betrachteten wir die
Bergleute bei ihrer emsigen ñrbeit. Die einen schlugen mit einem eiser¬
nen Bohrer ein Bohrloch, um die Gesteinsmassen zu sprengen,' andre