A. Dorf und Flur
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Strafen durchwandert, oder mit der Lahn an den Werken vorüber¬
fährt, nimmt die Entfaltung der jüngsten Zeit wahr in den überall
entstehenden oft gigantischen Werkstattanlagen, imponierend durch
ihre Größe, interessant in ihrer gefälligen freundlichen Architektur.
Alle Kruppschen Werke sind unter der $inrm Fried. Krupp Ak¬
tiengesellschaft zusammengefaßt. Die von Friedrich Alfred Krupp als
persönlichem Besitzer auf dessen älteste Tochter Bertha als alleinige
Erbin übergegangenen Werke wurden 1903, einem Wunsche des ver¬
storbenen entsprechend, in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, deren
Aktienbesitz aber geschlossen in Kruppschen fänden verblieb. Das an¬
fänglich auf 160 Millionen festgesetzte Aktienkapital ist inzwischen auf
180 Millionen M. erhöht. Durch die Verheiratung von Fräulein
Bertha Krupp am 15. Oktober 1906 mit Herrn Legationsrat l)r. von
Bohlen und halbach, der heute durch Gnadenakt des Kaisers für sich
und seinen ältesten männlichen Erben den Namen Krupp von Bohlen und
halbach führt, ist den Werken wieder ein männlicher Leiter gegeben.
84. Oie Zeidenindustrie am Niederrhein.
Schon irn Anfang des 16. Jahrhunderts trieb man in Krefeld Tuch¬
weberei, die jedoch nur von örtlicher Bedeutung war. Erst zweihundert
Jahre später gewinnt Krefeld als Weberstadt ein größeres Ansehen. Re¬
formierte und mennonistische Kaufleute brachten die Industrie, und zwar
vorerst die Leinenindustrie, zu großer Blüte. An der Spitze dieser Kauf¬
mannsgeschlechter stand die Familie von der Leyen, die um das Jahr
1648 in Krefeld einwanderte. Der Begründer des Geschlechtes in Krefeld
war Heinrich von der Leyen. Zein Zohn Adolf legte die erste Nähseide-
und Zamtfabrik an. von dem frommen Zinn des Gründers zeugen die
Eingangsworte des ersten Geschäftsbuches der Firma. Sie lauten: „Gott
verleihe seinen Zegen zu einem glücklichen Anfang und glückseligen Aus-
gang!"
Große Förderung erfuhr die Krefelder Zeidenindustrie durch die
hohenzollern. Sowohl Friedrich Wilhelm I. als auch Friedrich II. be¬
suchten bei ihrer Anwesenheit in Krefeld das Handelshaus von der Leyen
und statteten es mit manchen Vorrechten aus. Im Jahre 1768 besaß
äie Firma Friedrich und Heinrich von der Leyen 175 Webstühle für
seidene Schnupftücher, 275 Stühle für Samt und Damast- außerdem
waren 294 Bandmühlen und 18 Zwirnmühlen in Betrieb. Im ganzen
waren etwa 3000 Menschen für die Firma tätig, wenige Jahre später,
1787, wurden Rohstoffe im werte von 435140 Reichstaler verarbeitet¬
er Binnenhandel belief sich auf 144 069 Reichstaler, während für
602 486 Reichstaler waren ins Ausland wanderten. Die französische
Fremdherrschaft war der Entwicklung der Seidenindustrie am Nieder¬
em nicht günstig. Ls scheint, daß man einen Wettbewerb mit Lyon
gefürchtet hat- dennoch vermochten die einschnürenden Maßregeln die
Entwicklung der Industrie nicht aufzuhalten. Die Einwohnerzahl der
btadt Krefeld nahm beständig zu und im Jahre 1798 zählte die Stadt