fullscreen: Deutsches Lesebuch für Handelsschulen

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sich die Beeren braun, der Schimmelpilz zerstört Säuren und 
Gerbstoff und erzeugt Verbindungen, aus denen später die hoch¬ 
gerühmte Blume der Rheinweine entsteht. Daher kommt es, daß 
rheinische Beben weder in Ungarn noch in Kalifornien Rheinwein 
liefern, wogegen österreichische und amerikanische Beben am Bhein 
edlen Rheinwein geben. Uber auch die Rebsorte spricht mit. Den 
herrlichsten Duftwein gibt der Riesling, der Traminer kraftvollen 
Gewürztraminer, einen besonders blumigen lvein. 
Die Weinlese wird in Büchern und Zeitungen malerischer be¬ 
schrieben, als sie in Wirklichkeit ist. Sie ist eine Lrntearbeit und 
teilt mit allen Erntearbeiten die Blühe des Linheimsens und die Lust 
daran. Ist das Weinjahr gut, dann gestaltet sich die Lese zur fröh¬ 
lichen Ernte,' frohe Gesichter sieht man überall und auch fleißige 
Leute. Bis in die sinkende Nacht hinein wird in den Kelterhäusern 
gearbeitet, die zerquetschten Trauben abzupressen, ihren Saft — den 
Most — rasch in die Gärfässer zu fassen. Bis sie kaum noch feucht 
sich anfühlen, so trocken werden die Schalen gepreßt und heißen 
dann Treber. Den Saft aber, den Most, den nennen die Winzer 
Brühe. Cr ist auch eine Brühe, eine trübe, für zart veranlagte Ge¬ 
müter eine greuliche, allein schon, wenn sie bedenken, daß manch 
Zpinnlein und Räferlein mit zermalmt wurde. Uber das schadet 
nichts — es gärt alles Üble heraus. Bus dem Nlost wird wein, 
Heller, klarer, blanker. 
Sich selbst überlassen, beginnt der Most sich zusehends zu ver¬ 
ändern. Er wird trüber, kleine Bläschen steigen auf- er zeigt er¬ 
höhte Wärme und verbreitet lieblichen Geruch, einen blumigen, 
weinigen Duft. Rach und nach wird der Rlost weißgelbtrübe und 
perlt im Glase. Man nennt ihn dann „Federweißer" und trinkt 
ihn mit Behagen. Er schmeckt noch süß, hat eine eigentümliche 
Blume und seine Kohlensäure kitzelt Zunge und Gaumen. Über 
schon ist er nicht mehr harmlos wie der frische Most, sondern in 
ihm ist bereits etwas Berauschendes, und wer sich nicht mit dem 
Federweißen auskennt, und wer meint, das süße Zeug wäre eine 
harmlose Limonade, der irrt gewaltig. 
Die Trübung des Mostes rührt von der Hefe her, die sich in 
ihm mit rasender Fruchtbarkeit vermehrt. Früher hielt man die 
Hefe für ausgeschiedene Unreinigkeit. Dann wurde sie als etwas 
Wachsendes erkannt,- Pasteur endlich erklärte 1872, die Hefe sei 
«in niederer Pilz, der dem Gärstoff, dem Zucker, Sauerstoff, ent¬ 
zöge, den er zu seinem Leben braucht. In der Tat zersetzt die 
Hefe den Zucker und zwar der Hauptsache nach in Alkohol und 
Kohlensäure. Außerdem zehrt sie noch von den übrigen Bestand¬ 
teilen, von den Eiweißstoffen, von den Mineralsalzen usw. Ihr 
eigentliches Lebenselement ist jedoch der Zucker. Der Alkohol aber, 
den sie erzeugt, ist Gift für sie, an dem sie zugrunde geht. Stirbt 
sie ab. bevor sie sämtlichen Zucker zu zersetzen vermochte, so bleibt 
ein sehr zuckerhaltiger Most als Süßwein zurück.
	        
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