will denn des Nachts reisen als Diebe und Mörder? wird es selbst
der wachsamsten Polizei möglich sein, hierüber eine Aufsicht aus¬
zuüben? Der verwegene Gedanke erregte Schaudern in allen redlichen
Gemütern, die da wissen, daß die Nacht keines Menschen Freund ist.
Man mochte sich nur mit dem Gedanken trösten, daß die Nachtzüge
gewiß nur sehr, sehr langsam fahren und nur ganz zuverlässige Rei¬
sende befördern werden, die den Nachweis führen, daß sie durch be¬
sondere Umstände genötigt sind, zu Nachtreisen Zuflucht zu nehmen.
In der Tat begannen die Nachtzüge zuerst mit langsamen Fahrten;
aber nach kurzer Zeit kehrte sich die Weltordnung vollständig um,
die Nachtzüge wurden Iagdzüge, und die klugen Leute finden, daß
das Reisen am Tage eine Zeitverschwendung ist, da man im Schlaf¬
wagen, in den man in Berlin abends steigt, vortrefflich ruht und am
Morgen frisch und munter in Röln ist, um seine Geschäfte dort ab¬
zuwickeln.
Und merkwürdig, die statistischen Rufnahmen beweisen, daß von
allen Unfällen, die Tisenbahnreisende betreffen, gerade die Uacht--
fahrer am allermeisten verschont bleiben. 6. Bernstein.
97. Die Post.
Die Einführung des Postwesens in Deutschland fällt in die
Zeit des Kaisers Maximilian I. (1493—1519). Als dieser die
Notwendigkeit erkannte, sein Hoflager in Wien mit den Nieder¬
landen in gesicherte Verbindung zu bringen, erbot sich Franz von
Taxis, die kaiserlichen Briefe von Brüssel nach Wien gebührenfrei zu
befördern, wenn ihm und seinen Nachkommen der Bezug der Ein¬
künfte aus der neuen Beförderungsanstalt zugesichert würde.
Maximilian erteilte seine Genehmigung hierzu und so trat 1516
die neue Einrichtung in Tätigkeit. Die Vorzüge der Schnelligkeit
und Sicherheit, die sie gegen das übrige Botenwesen darbot,
brachte ihr bald Anerkennung und dem Unternehmer reichlichen
Gewinn. Sehr rasch erweiterten sich deshalb die Postritte west¬
lich bis nach Paris, östlich bis nach Hamburg und südlich bis
nach Mantua; auch dienten sie nicht mehr ausschließlich der Ver¬
mittlung der kaiserlichen Nachrichten, der Berichte der Statthalter
und Gesandten, sondern sie besorgten ebenso die Briefschaften der
Kaufleute und aller übrigen Privatpersonen. Die Landesherren,
durch deren Gebiet die Post ging, gewann Taxis dadurch, daß er
ihre Briefschaften unentgeltlich besorgte; sie erhoben daher keinen
Widerspruch gegen die Anstalt, die sich nunmehr in ganz Deutsch¬
land einbürgerte, so daß bereits 1695 Lamoral von Taxis zum
erblichen Reichsgeneralpostmeister ernannt wurde.
Bald aber erregten die Erfolge der Taxisschen Post den Neid
und die Eifersucht der Reichsstände, und einzelne von ihnen gingen
daran, eigene Postanstalten zu errichten. Dadurch gerieten sie in
Streitigkeiten mit der Familie Taxis, die ihre Vorrechte nicht