B. In der Heimat. 
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Zchutzgehege angelegt- man sieht sie in Form von dunklen Strichen 
überall neben den Dörfern, und in ihrem Schutz kann nun langsam 
weiter aufgeforstet werden. — Auch die zahlreichen Siedelungen, 
die kleinen und die kleinsten Dörfer hier oben, haben ihre eigen¬ 
artige Geschichte. Ls gab deren früher noch viel mehr hier,- aber 
sie sind größtenteils spurlos verschwunden, und bei vielen geben 
nur die Flurnamen noch Zeugnis von ihrem ehemaligen Bestehen. 
Gewöhnlich schreibt das Volk das verschwinden der Dörfer dem 
Dreißigjährigen Kriege zu,- allein auf dem Westerwald sind die 
Wüstungen sämtlich vor dieser Zeit entstanden. Die Siedelungen 
sind ausgegangen, wie ein Licht ausgeht, dem das Gl fehlt. Auf 
dem höchsten Westerwald lag in der Nähe von Neukirch das Dorf 
Königshofen. Lin Bericht über eine Kirchenvisitation erzählt uns, 
daß im Jahre 1566 Martin Spiesgen noch als einziger Einwohner 
dort lebte. Ls fand sich schon keiner mehr, dem der wert eines 
verlassenen Hauses willkommene Gelegenheit gegeben hätte, Spiesgens 
Mitbürger in Königshofen zu werden, und als Spiesgen gestorben 
war, stand auch seine Hütte leer, und wenige Jahre nachher hatte 
der Nordwest aus Königshofen einen Trümmerhaufen gemacht. So 
ist Königshofen ausgegangen, und so werden alle die Grte aus¬ 
gegangen fein. Manche versuchte man später wieder aufleben zu 
lassen, aber ohne dauernden Erfolg. — Daß die Leute hier oben 
nicht alle arm gewesen sind, das erkennen wir noch an den alten 
Westerwälder Häusern, aus denen heute noch größtenteils die 
Dörfer bestehen, und die nicht den kürzeren ziehen bei einem ver¬ 
gleiche mit alten Bauernhäusern in gesegneteren Fluren unseres 
Heimatlandes. Diese Häuser sind ausnahmslos in ihrer Hauptsache 
fast verschwenderisch aus Eichenholz gebaut' das mächtige Holzwerk 
an der Vorderseite ist kunstvoll geschnitzt- der große Balken, der 
das erste Stockwerk abschließt, ist mit Inschriften versehen- besonders 
die zweiteilige, aber wagerecht geteilte Haustür zeigt reiche Ver¬ 
zierung. Die wohnräume, den Stall, die Scheuer, alles deckt ein 
mächtiges, langes, nach der Wetterseite hin fast bis zur Erde herab¬ 
gehendes Strohdach. Nur -wohlhabende oder gar nur reiche Leute 
waren imstande, solche Häuser zu bauen. 
6. Nicht immer ist der Westerwald also das Land der armen 
Leute gewesen, und er wird es auch nicht mehr sein, wenn erst die 
Schätze, die in der Erde schlummern, gehoben und von den Wester¬ 
wäldern selber verarbeitet werden. Schon heute regt sich überall 
industrielles Leben, und Eisenbahnen erschließen nach allen Nich¬ 
tungen das Land. Der Fortschritt ist auf den Bergen eingezogen, 
und der Westerwälder ist mit dem Umschwung der Dinge völlig 
zufrieden. 
Nach E. Heyn, Der Westerwald. 
Gehrig, Helmkampfu. Krausbauer, Lesebuch, v. Hessen-Nassau. 11
	        
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