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Dritter Teil. Unser Vaterland. 
Hand. Das aber ist für die gesamte Rultur der hierher gehörigen 
Länder um so maßgebender, als in diesem Teile Deutschlands die 
Zahl der kleinen ländlichen Besitzer viel größer ist als irgendwo 
anders. Allein auf Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen, die 
zusammen nur ein Elftel des Deutschen Reiches bilden, kommt weit 
mehr als ein Siebentel aller ländlichen Betriebe in Deutschland. 
3. Ebensosehr von den beiden süddeutschen Landschaften wie von 
dem norddeutschen Landwirtschaftsgebiet unterscheidet sich die mitt¬ 
lere Zone unseres Vaterlandes, die man demnach kurzweg als Mittel¬ 
deutschland bezeichnen kann. 
Der wichtigste, auf dem inneren Bau des Felsgerüstes von Mittel¬ 
deutschland beruhende Unterschied gegenüber dem gesamten Süddeutsch¬ 
land sind die mächtigen Lager nutzbarer Mineralien, die, namentlich 
den Außenrand dieser Zone umziehend, die Entstehung eines hochent¬ 
wickelten Bergbaus und in neuerer Zeit das Aufblühen der drei 
größten Industrielandschaften des Reiches unmittelbar begründeten. 
Richt weniger als neun Zehntel aller im Bergbau und Hüttenwesen 
beschäftigten Personen im Deutschen Reiche kommen auf dieses Ge¬ 
biet. Reben den bergmännisch gewonnenen Erzeugnissen des Erd- 
innern, unter denen neben der Rohle und dem Eisen das Rupfer 
an Bedeutung das ehedem für die Besiedlung mancher Gegenden, wie 
des Harzes und des Erzgebirges, so wichtige Silber längst überholt 
hat, ist es die Mannigfaltigkeit in der Zusammensetzung des Fels¬ 
gerüstes der vielen Gebirge selber, die bisweilen für die Cinzelland- 
fchaft hochwichtige Erwerbszweige entstehen ließ. Besonders in 
Sachsen und Thüringen, doch auch in manchem andern Gebiet liefern 
Steinbrüche wertvolle Baustoffe, anderwärts entnimmt man dem Boden 
Erden zur weiteren Verarbeitung in der Zementfabrikation, wieder 
anderwärts, und zwar namentlich in dem zuerst erwähnten Bezirk, 
zur Herstellung von Glas, Töpferwaren und Porzellan, vielfach 
knüpften solche Industrien, wie übrigens manch anderer Erwerbs- 
zweig in den Gebirgsgegenden, an die dort herrschenden Lebensver¬ 
hältnisse an. Holzreichtum, langer Winter und kärgliche Verhält¬ 
nisse haben in den hochgelegenen Ortschaften die Bevölkerung häufig 
zu einer Handfertigkeit gelangen lassen und an fleißige, zunächst im 
Hause geübte gewerbliche Beschäftigung gewöhnt, deren sich die später 
entwickelnde Fabrikation größeren Umfanges mit Vorteil zu bedienen 
vermochte. 
All diesen belebenden Einflüssen, welche die mittlere Zone Deutsch¬ 
lands zu dem Gebiet der größten Städteansammlung des Reiches 
machen — von den 37 selbständigen Großstädten des Jahres 1905 
liegen nicht weniger als 20 am Rordrande dieser Gebirgslandschaften 
oder unmittelbar vor ihm umd völlig unter seinem wirtschaftlichen 
Einflüsse — stehen indessen auch schwerwiegende Rachteile gegen¬ 
über. Die Rrankheit unserer Tage, der Gegensatz zwischen riesigem 
vermögen und kargem Einkommen, zeitigt in diesen Gegenden die 
gefährlichsten Auswüchse dieses sozialen Mißverhältnisses.
	        
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