130 Neue Geschichte.
wolle er ihnen noch bis zum 15. April 1531 Bedenkzeit verwilligeu, zum
katholischen Glauben zurückzukehren!"
Die protestantischen Fürsten ließen sich jedoch nicht schrecken, und als Karl
im folgenden Jahre (5. Januar 1531) seinen Bruder Ferdinand, dessen Ab-
Neigung gegen die neue Lehre bekannt war, zum römischen Könige wählen ließ,
so schlössen mehrere derselben1 zum Schutze ihres Glaubens den Schmal-
Schmalkal-kaldischen^ Bund (29. März 1531). Vielleicht wäre es jetzt schon zu
disch^Bund einer blutigen Entscheidung gekommen, hätte nicht die nahe Gefahr, welche
von Osten her drohte, den Kaiser zur Nachgiebigkeit bewogen.
5. Gefahren von den Türken 1529—1533. — Nach der Erobe¬
rung Konstantinopels (S. 113) hatte namentlich das Königreich Ungarn von
den verheerenden Schwärmen der Türken zu leiden. Auch unter der Regierung
Karl des V. machten sie daselbst wiederholte Einfälle, zumal sie dazu besonders
aufgefordert worden waren. Die Aufforderung ging von Johann Zapolya,
dem Woywoden von Siebenbürgen3, ans. Dieser war nach dem Tode Ludwig
des II. (stet 1526 bei Mohacz^ gegen die Türken) von einer Partei zum Könige
von Ungarn ernannt worden, konnte sich aber gegen den Erwählten der an-
dem Partei, gegen den Erzherzog Ferdinand, den Bruder Karl des V., nicht
Soliman II. behaupten. Zu seinem Schutze rief er daher den Sultan, Soliman den II.
to°1529m" (1520—1566), ins Land. Dieser drang 1529 mit Heeresmacht in Ungarn
ein, erhob Zapolya zum König und rückte im Herbst desselben Jahres bis Wien
vor. Das ganze Abendland geriet in Schrecken; denn wäre Österreichs Haupt¬
stadt gefallen, so würden sich die barbarischen Eroberer wie ein verheerender
Strom über Deutschland ergossen haben. Aber die Besatzung Wiens wehrte
sich aufs tapferste, und Mangel an Lebensmitteln sowie das Murren der Truppen
bewogen Soliman, die Belagerung auszuheben und sich zurückzuziehen.
Ferdinand sah ein, daß Soliman bald mit neuer Macht wiederkommen
würde. Um sich daher für den bevorstehenden Kampf der Reichshilfe zu versichern,
riet er seinem Bruder, Karl dem V., zur Nachgiebigkeit gegen die Protestanten.
Religions- Der Kaiser befolgte den Rat und bewilligte den Nürnberger Religions-
friede zu frieden (23. Inli 1532), in welchem bestimmt war, „daß keiner bis zur
^1532^ Entscheidung durch eine allgemeine Kirchenversammlung seines Glaubens wegen
beeinträchtigt werden solle." Nun ward die begehrte Türkenhilfe (zu Regens¬
burg) genehmigt, und die protestantischen Fürsten erschienen mit ihrem Anteil
zuerst im Felde. Eile that aber auch Not; denn Soliman war bereits mit
200 000 Mann in Ungarn eingefallen und bedrohte Deutschland aufs neue.
Karl begab sich nach Wien, wo spanische, italienische und niederländische Trup¬
pen sich sammelten, zu denen 24 000 Reichsvölker und die Truppen stießen,
welche Ferdinand in seinen Erblanden aufgebracht hatte. Im ganzen mochte
sich Karls Heer aus 76 000 Mann belaufen. Der Großwesir befand sich nur
noch einige Tagereifen von Wien, da leistete ihm der unbedeutende, schwach
1 Der Schmalkaldische Bund, eine Erweiterung und festere Begründung
des Torganer Bundes (S. 128 Anm. 3.), wurde geschloffen zwischen dem Kurfürsten
Johann oon Sachsen, dem Landgrafen Philipp von Hessen, drei Herzögen von Braun-
schweig, dem Fürsten Wolfgang von Anhalt, zwei Grafen von Mansfeld und elf
Reichsstädten (worunter Straßburg, Ulm, Konstanz, Magdeburg, Lübeck und Bremen).
2 Schmalkalden, Stadt am Thüringer Walde (Provinz Hessen). — Mohacz,
Marktflecken an der Donau, südlich von Bnda-Pest.
3 Siebenbürgen war seit dem 11. Jahrhundert zu Ungarn gekommen und stand
unter einem eigenen Statthalter (Woywoden).