Object: Die Zeit von Karl dem Großen bis zu den Kreuzzügen (Bd. 2, Abth. 2)

Die Frankenrei« bis ¿uv bauerubeu Trennung 843 ~ 888. 
55 
war, sandte schon 856 eine misverguügte Partei an Ludwig den B. um'Hülfe. 
Die Bitten und Versprechungen Karls d. K. würden eine Aussöhnung mit 
den Großen nicht bewirkt haben, wenn nicht Ludwig durch den Krieg gegen 
die Slawen (oben 1) an Leistung der erbetnen Hülfe verhindert gewesen wäre. 
Der Vertrag zu Chartres glich nicht einer Rückkehr zur Pflicht, sondern einem 
Friedensschluß zwischen zwei Feinden. Die Beschlüße des RMM^Z zu 
Quierzy (Febr. 857) blieben Worte ohne Thaten und der Bund mit Lothar II 
versprach um so weniger Schutz, als Ludwig der B. sich mit dem Kaiser Lud¬ 
wig II einte'). Zwar hatte sich Karl d. K. (21. März) 858 zu Quierzy einen 
neuen Eid schwören laßen, aber trotzdem sandten die angesehensten weltlichen 
Lehensträger an Ludwig den B. die dringendste Aufforderung Land und 
Leute vom Verderben zu retten. Nicht ohne ernste Bedenken^) faßte dieser 
den Entschluß das Westreich zu erobern und wärend Karl der K. mit Lothar II 
die Normannen auf Oissel belagerte, zog er '(Ende Aug. 858) durch des 
letztern Gebiet über Karls d. K. Grenzen, wo sich viele unter Vorwänden 
vom Normannenkrieg heimgebliebne Große mit ihm vereinten. Eiligst gab 
Karl die Belagerung, selbst mit Preisgebung seiner Schiffe, auf und zog, da 
wiederholte Anerbietungen einer Zusammenkunft von jenem zurückgewiesen 
wurden, dem Bruder nach Brienne an der Aube entgegen. Da aber Lothar 
den versprochnen Zuzug nicht leistete und der Abfall unter seinen Vassallen 
sich mehrte, entwich er nach Burgund. Ludwig der B. hatte ohne Schwert¬ 
streich das Reich gewonnen, allein er erreichte die gewünschte Krönung nicht, 
Weil nur Erzb. Wenilo von Sens sich für ihn erklärte, die übrige hohe 
Geistlichkeit, aus Furcht daß die weltlichen Großen durch ihn die Oberhand 
völlig gewinnen würden, eine zuwarteude Stellung einnahm^): natürlich 
gelang ihm die schnellste Abstellung der vorhandnen Misstände nicht, viele zu 
ihm übergetretne glaubten sich nicht hinlänglich belohnt oder anderen nachge¬ 
stellt, sehr vielen siel seine die Zügel der Regierung kräftiger führende Hand 
beschwerlich: endlich hatte er unklug, denen, welche so eben ihren Herrn ver¬ 
raten, Vertrauen schenkend, seine deutschen Truppen heimgesandt und deshalb 
erfolgte ein jäher Umschwung der Lage. Die beiden Grasen Welf, Konrad 
und Hugo, verließen, als er sie gegen Karl nach Burgund gesandt hatte, 
seine Sache und so konnte ihn (Jan. 859) sein Bruder mit einem schnell 
gesammelten Heere überraschen. Die Nachricht von einem Aufstand der 
Sorben gab ihm die erwünschte Möglichkeit von seiner eiligen Heimkehr den 
Namen der Flucht abzuwenden. Obgleich die angeknüpften Unterhandlungen 
anfänglich daran scheiterten, weil er sich als Verbrecher zu bekennen und seine 
Anhänger der Rache preiszugeben verweigerte^), kam dennoch im Inn. 860 
der Insel Oissel (bei Pont de l'Arche). Der Eid der Treue, welchen er dem König 
leistete, hinderte ibu nicht Land und Leute zu schäbigen (Dümml. S. 405). — 
1) Dümml. S. 393 — 96. — 2) Zusammenkunft zu Trient Jul. 857. Dümml. S. 
399. — 3) Dümml. S. 409. — 4) Hinkmar von Reims hatte Ludwig sogar ercom- 
municiert. Die Geistlichen lehnten die Aufforderung gu einer Synode in Reims ab 
und faßten in Quierzy solche Beschlüße, die ihnen eine Versöhnung mit Ludwig, 
wie mit Karl offen erhielten. Dümml. S. 415 — 20. — 5) 28. Mai 859 schickte 
eine zu Metz von Bischöfen aus Karls und Lothars Reich gehaltne Synode eine 
Friedeusgesaudtschaft an Ludwig, doch wies dieser die Forderungen zurück. Das 
Gericht über Wenilo (L-ynode zu Savonniores bei Toul, 14. Irin. 859) unterblieb, 
da sich Karl d. K. mit ihn: wieder aussöhnte. Vergeblich war die persönliche Zusammen¬ 
kunft zu Andernach, die zu Basel verabredete unterblieb. Au Papst Nicolaus l 
schickte Ludwig d. B. eine Rechtfertigung und dieser erklärte darauf, daß er au seiner 
Handlungsweise nichts unehrenhaftes finde: eine Erklärung, welche das hitzige 
Geschrei vieler Bischöfe verstummen machte.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.