Full text: [Teil 3 = (4. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 3 = (4. Schuljahr), [Schülerband])

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„Halte,“ rief der Bub und duckte sich unter den Tisch, „mir ist 
mein Buckel jetzt viel zu nobel, als daß ich mir von jedem drauf 'rum— 
trommeln laß — ich g'spür's noch, wie mich der Landsvater tätschelt 
hat, und drum gebe mir lieber ein Stückle Speck, Bäuerin, denn jetzt 
bin ich's wert.“ 
„Herr Jeses, hat der Bub auf einmal ein Maul,“ sagte sie und 
legte ihm schleunigst ein Stück Speck auf den Teller. 
Am Sonntag aß der hirt bei seinem Pfleger, dem Gemeinderat; 
der hatte ein süffiges Weinle neben sich stehen, dem er eifrig zusprach 
und der ihm die Nase mit dem schönsten Kot färbte. Zu unterst am 
Tisch saß der Bub und wartete wie immer, bis sich der Bauer und 
die Bäuerin, die Kinder und der Knecht satt gegessen und man ihm 
den Rest der Mahlzeit zuschob. Aber die alte Demut und Geduld war 
ihm abhanden gekommen, er fing an, auf dem Tisch zu trommeln und 
fragte ganz keck: „he, wird's bald?“ 
„Oho, Büble, was soll denn das heiße?“ fragte der Bauer, „der 
Nachbar hat schon Klag' geführt über dich, es sei kein Auskommen 
mehr mit dir, was ist dir denn auf einmal in den Kopf g'stiege, he?“ 
„Der Wein nit,“ gab der Bub zur Antwort, „aber 's tät sich ge— 
wiß schicke, wenn ich auch emal ein Gläsle auf dem Landsvater sein 
Wohl trinke tät, für die groß' Ehr', weil er mich auf d' Schulter klopft 
hat.“ 
Der Bauer lachte laut auf: „Geh her, geh in Gottesname her, 
's soll nit heiße, daß ich mich verwehrt hab, wenn du den Lands— 
vater lebe lasse willst: 's kommt mir auf ein Schlückle nit an.“ 
„Großmutter,“ sagte der Bub des Abends, zwischen Tür und Angel 
stehend, denn in die blank gescheuerte Stube durfte er nicht, „Groß— 
mutter, jetzt werdet Ihr sehe, jetzt wird's bald 'rum sein, daß ich be— 
rühmt bin —“ 
„O Bub,“ seufzte sie, „was hilft's, wenn dir's nix eintragt, die 
Mittel sind die Hauptsach' in der Welt, die Ehr' kommt erst hintenach —“ 
Allein in der Tat, das bisher so unbeachtete Leben der Gemeinde— 
waise machte den Bauern plötzlich zu schaffen; keiner wollte den vor— 
lauten Buben mehr am Tisch haben. Nun wußten sie längst, daß von 
den Behörden das herumessen der Gemeindewaisen nicht mehr gern ge— 
sehen wurde und es bereits da und dort eingeführt war, die Kinder 
bei einer Familie in Kost und Wohnung zu geben. 
So kam's, daß die Großmutter eines Tages zum Bürgermeister ge— 
rufen wurde, bei dem sie leichenblaß und an allen Gliedern zitternd 
eintrat. Es dauerte eine geraume Zeit, bis sie endlich verstand, was 
der Bürgermeister von ihr wollte — nämlich, ob sie gewillt sei, für
	        
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