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ter, da ward es ihm aber zu lang, nnd es sprach zum drit¬
ten Brüderchen: „Hinunter wollen wir nicht schwimmen,
denn da ist es gefährlich wegen des gefräßigen Fisches,
aber hier oben könnte uns die Mutter doch wohl erlauben
zu spielen, hier ist ja gar keine Gefahr zu fürchten. Aber
das dritte Fischlein berief sich auf der Mutter Verbot, und
behauptete: die müsse es doch wohl besser wissen, und wollte
nicht folgen. Nun schwamm das Zweite allein hervor, und
spielte unbesorgt an der Oberflache. Jetzt sah es ein Würm¬
chen sich hin und her bewegen, und schnappte zu. Aber,
ach! das Würmchen saß auf einem Angelhaken, den ein
Fischer am Ufer an einer Schnur ins Wasser hielt. Er
bemerkte sogleich das Zucken derselben, zog das Goldfischlein
heraus, und that es zu den übrigen, die er schon gefangen
hatte. Als die Mutter nun nach Hause kam, bemerkte sie
schon von Ferne den Fischer, und war besorgt, daß eins
ihrer Fischlein möge umgekommen sein. Sie vernahm mit
Trauer das Unglück ihres zweiten Kindes, liebte aber das
übriggebliebene dritte Fischlein dreifach, pflegte es sorgsam,
und zog es groß, und dieses vergalt ihre Sorge und Pflege
schon in der Zugend durch Achtsamkeit und Gehorsam gegen
der Mutter Befehle.
22.
Der Strom und die Bächlein.
Ein mächtiger Strom rauschte stolz einher. Auf seinen
Wellen fuhren Schiffe hin und wieder, und an seinen Ufern
lagen Städte und Dörfer. Da erhob er sich übermüthig
und sprach: „Ich verdiene es, daß die Menschen mich be¬
wundern und mich fürchten, ernähre ich nicht Tausende von
ihnen, und könnte ich nicht die Ufer und Dämme, die mich
einengen, zersprengen, wenn ich wollte? Wie gering seid
ihr doch, ihr kleinen Bächlein, die ihr mir euer kärgliches
Wasser darbringt, welches ich großmüthig annehme, gegen
mich! Ihr könnt keine belasteten Schiffe tragen, höchstens
wiegt sich ein kleiner Kahn auf euren kleinen Wellen; ja,
die Knaben spotten oft euer, wenn sie euch muthwillig durch¬
waten." Die Bächlein hörten schweigend die stolze Rede