O0. In Freud und Leid — des Herrn allzeit.
10
¶
1
1
83. Ansere Wohnung und Arbeitsstätte in gesund-
heitlicher Beziehung.
1. Wenn der Wind schneidend scharf über die Felder fährt; wenn der
Platzregen niederprasselt oder der Schneesturm alles einhüllt mit seinen
wirbelnden Flocken: dann fühlen wir so recht den Wert eines gegen die
Unbilden des Wetters schützenden Daches über unserm Haupte.
Ein Haus muß uns gegen Wind und Wetter schützen; aber dabei ist
nicht gleichgültig, wie dies geschieht. Feuchtigkeit im Hause ist unser
größter Feind. Licht und Luft sind unsere größten Freunde.
Ein gutes Haus muß daher der Luft und dem Lichte moͤglichst viel Ein—
gang gewähren, der Feuchtigkeit aber so wenig wie möglich. Nicht allein
das von oben kommende Wasser, sondern auch das von unten eindringende
muß abgehalten werden. Wenn nämlich das Haus unmittelbar auf feuchtem
Boden steht und nicht unterkellert ist, dann kann das aufsteigende Wasser
leicht die Mauern und das Holzwerk durchziehen. Doch bei jedem neuen
Hause, auch wenn es auf vollkommen trocknem Boden gebaut ist, sind die
Mauern eine Zeitlang feucht, und ehe eine neue Mauer durch und durch
trocken ist, vergehen gewöhnlich mehrere Monate. Darum sind neue Häuser
allezeit feucht und durch die Feuchligkeit ungesund. Das Ungesunde eines
feuchten Hauses liegt teils in der Kuühle der feuchten Luft, teils darin, daß
die Luft in einem feuchten Zimmer nie recht frisch ist. Wie kommt das?
Unser gewöhnlicher Mauerstein ist nicht vollkommen dicht, sondern hat
sehr feine Offnungen, Poren genannt. Diese Poren sind aber nicht
so fein, daß keine Luft eindringen könnte. Die Luft kann ihn sogar so
gut durchdringen, daß man mit einem Blasebalge durch einen Stein hin—
durch ein Licht ausblasen kann. Ein solcher Versuch gelingt freilich nur
mit einem vollkommen trockenen Steine; sobald er feucht ist, kann man
keine Luft hindurchblasen, weil die Poren des Steines mit Wasser gefüllt
sind. Unsere Mauern lafsen also nur, solange sie trocken sind, frische Luft
in die Zimmer. Daraus folgt, daß es nötiger ist, ein feuchtes Haus
öfters und gut zu lüften als ein vollkommen irocknes.
Je mehr Licht und Luft in ein Haus eindringen können, desto
besser ist es Wer beides ausschließt, schließt damit oft auch die Ge—
sundheit aus. Es gibt Leute, welche sich gewissermaßen vor jedem Sonnen-
strahle fürchten. Sobald die Sonne durch ihre Fenster schein, lassen sie
die Vorhänge herab oder schließen die Fensterläden, weil sie es zu warm
oder das Licht zu grell finden. Nun muß man zwar die Augen gegen
allzu grelles Licht schützen; aber im allgemeinen bekommen unsere Häuser
eher zu wenig als zu viel Licht.
2. Ein anderes Erfordernis, das in einem Hause durchaus nicht zu
entbehren ist, ist die Reinlichkeit. Die Reinlichkeit besteht indes nicht
darin, daß beim Scheuern große Wassermengen verschüttet werden. Eine
solche Reinlichkeit schadet oft mehr als fie nübt, weil sie zu viel Feuchtig⸗
keit mit sich führt, die nicht gehörig wieder abgeführt wird. Ein nasser
Scheuerlappen nimmt den Schmutz ebensogut und leichter weg als eine
Sturzflut von Wasser. Während man einerseits aus falsch begriffener