142 IUIL. Die sittlichen, wirtschaftlichen u. kulturellen Grundlagen d. Gewerbes.
du dem Meister Reimann in Köfarsleben nichts schuldig geblieben, hed!“
„Magdeburger, potztausend!“ rief er und fiel dem Magdeburger an die
Brust. Dann erzählte er ihm, daß er damals gleich nach Köfarsleben
gewandert sei und den Meister Reimann gesehen habe. Von da sei er
nach Leipzig gegangen und habe dort einen gründlichen Kursus im Maß—
nehmen und Zuschneiden durchgemacht, und endlich sei er nach Hamburg
zurückgekehrt und habe angefangen zu arbeiten. Anfänglich sei es manch—
mal recht knapp bei ihm gewesen; aber immer habe er an den Meister
Reimann in Köfarsleben gedacht und ausgehalten. Dann sei seine Kund—
schaft bald gewachsen. Er habe Gesellen anstellen müssen, um sie alle zu
befriedigen, und endlich auch einen Laden angelegt, um die Stoffe besser
verwerten und die Gesellen dauernd beschäftigen zu können, na und jetzt —“
Der Hamburger schwieg und zog aus der Seitentasche seines Rockes
eine feine Karte, welche er dem Magdeburger überreichte. „Potztausend,
Hamburger!“ rief dieser, indem er die Karte las, „Zweiggeschäfte in
Berlin, Dresden und — Magdeburg sogar. Dann ist ja dieser Rock
gar aus Eurem Geschäft?“ „Und von mir selber zugeschnitten, Magde—
burger, stimmt; aber er sitzt gut, nicht wahr? Ja, aus der Geschichte
vom Meister Reimann habe ich gar viel gelernt. Wißt Ihr noch, was
Ihr mir in Stettin sagtet? Fleiß, Geschick und Sparsamkeit, das
sind die Mittel zum Wohlstande, und damit kann heute noch jeder vor—
wärts kommen und wird es auch in alle Ewigkeit können. Basta!“
Nach K. Rode
RKunst bringt Gunst.
Wer etwas kann, den hält man wert; den Ungeschickten niemand begehrt.
106. Wie man's treibt, so gehl's.
1. Vor ungefähr zehn Jahren zog ein junger, schmucker Schreiner—
geselle ins benachbarte Städtchen und ließ sich als Meister nieder; bald
führte er auch ein flinkes, braves Mädchen als Meisterin heim. Es
schien den Leuten zu glücken. Sie fanden ihr gutes Fortkommen und
waren miteinander recht glücklich; denn das Geschäft ging gut.
Da bekam der Mann den Auftrag, für den Schützenverein eine
neue Scheibe zu machen. Diese Arbeit gelang ihm aufs beste. Als er
sie ablieferte, wurde er wegen seiner guten Arbeit belobt und vom
Vereinsvorstande veranlaßt, dem Vereine auch beizutreten. Man redete
ihm zu, und er fühlte sich so geehrt, daß er sich als Schütze ein—
schreiben ließ. Nun hatte er Anlaß, allwöchentlich wenigstens einmal
auf den Schießstand zu gehen. Hier fand er bald Freunde, die ihn
veranlaßten, auch dem Turnvereine beizutreten, der wöchentlich zweimal
übte. Als er seiner Frau Mitteilung davon machte, daß er nun auch
Turner sei, sagte diese? „Aber Mann, du gehst ja wöchentlich in den
Schützenverein; ist dir das noch nicht genug?“ Er ließ sich hier—
durch nicht abhalten, beide Vereine recht fleißig zu besuchen, worüber
man ihn sehr lobte. Als die Frau sah, daß er die Arbeit versäumte,