Full text: Lese- und Lehrbuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und andere gewerbliche Lehranstalten

In Freud und Leid — des Herrn allzeit 
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3. Und der Meister ließ sich bereden. Schwer schlug ihm das 
Herz. Krampfhaft drückte er die Krempe seines Hutes zusammen, als 
er nun die Tür des Kontors geöffnet und vor sich rechts und links 
an hohen Pulten ein Dutzend emsig arbeitender Kommis gewahrte. Er 
bot ihnen laut einen guten Tag. Keiner antwortete ihm. Er wieder— 
holte nach einer Pause die Begrüßung, und, mit einem scharfen Blick 
ihn messend, fragte der Nächstsihende: „Was wollen Siern „Bitt⸗ 
untertänigst, ich möchte gern den Herrn sprechen.“ „Dort,“ war die 
Weisung, indem er rückwärts nach einer Ecke des großen Zimmers 
zeigte. Langsam und schwer schritt der Meister durch den Saal; es 
war ihm, als wenn Blei in seinen Füßen läge. Da saß der Kauf— 
mann, die Stirne nachdenkend in die Hand gestützt, als der Meister, 
aus Verlegenheit plump und blind gemacht, gegen die offene Tür des 
Gitters rennend, den Tiefsinnigen Plötzlich außs seinen Gedanken riß. 
Hastig fuhr er empor: „Was will Er?“ Doch da war an keine Antwort 
zu denken. Alle im Sinne gehabten und von seiner klugen Frau ihm 
eingeprägten schönen Worte waren dahin. Er war buchstäblich, wenn 
auch nicht mit der Tür ins Haus, doch, was noch schlimmer war, dem 
Herrn beinahe auf die Nase gefallen. Er stand wie versteinert. „Nun, 
was will Er denn?“ fragte der Herr den Sprachlosen und erkannte 
ihn nicht wieder. „Verzeihen Sie, mein Herr, ich war, ich bin, ich 
komme — der Schreinermeister, der die große Ehre hatte, für Sie zu 
arbeiten. — So, so, und? Er will vorfragen? Ich habe jetzt nichts 
zu bestellen. Er braucht sich auch nicht zu bemühen. Ich werde schicken, 
wenn ich Seiner benötige, vielleicht bald“ Damit wandte sich der Herr 
um, das Zimmer zu verlassen. „Ach,“ fing der zerschmeiterte Hand⸗ 
werksmann an, „der Herr möge nicht böse werden; aber ich möchie Sie 
wohl bitten um den Betrag des Gelieferten. Ich habe kein Vermögen 
und habe das Geld zum Ankaufe des Holzes für die schönen neuen 
Möbel leihen müssen, und —.“ Verdueßlich und mürrisch versetzte 
der Kaufmann: „Ich bezahle nur halbjährlich. Auf andere Termine 
können wir uns nicht einlassen; das macht uns zu viel Umstände. Er 
muß keine Arbeit annehmen, wenn Er nicht solange warten kann auf 
die Bezahlung.“ Damit winkte er einem zunächst sitzenden jungen 
Manne, ihm aufgebend, dem Meister die Summe auszuzahlen. 
4. Stumm nahm der Meister das Geld in Empfang, und an das 
Pult des Kaufmanns gehend, um zu unterzeichnen, floß, erpreßt von 
dem Gedanken: „Du kaunst in Zukunft eine solche Arbeit doch nicht 
wieder annehmen; denn du hast kein Geld, und deine Armut verschließt 
dir jede Hoffnung dazu“, eine Träne über seine Wange und fiel auf 
die Quittung. Der Kaufmann bemerkte sie Stlumm und niedergebeugt 
verneigte sich der Meister und ging. Als er die Hälfte des Zimmers 
durchschritten hatte, rief ihn der Kaufmann zurück. „Hört einmal, 
Meister! Von den Stühlen kann Er mir noch ein Dudend liefern, 
und ich habe auch in der nächsten Woche mehreres Doch damit Er 
mir in Zukunft nicht alle Augenblicke beschwerlich wird, und weil Er 
mir doch kein halbes Jahr Kredit geben kann, so will ich Ihm Vorschuß
	        
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