A. Stand und Beruf des Handwerkers.
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2. Steht's auf dem Boden, so ist's ein gold'nes Handwerk und
ernährt nicht bloß einen Mann und Weib und Kind dazu, sondern
es nährt auch ihre Seelen zum ewigen Leben mit dem Brot und
dem erquickenden Wasser des Lebens, nach dessen Genusse niemand
mehr dürstet. Da kommt der Segen Gottes in reichlichem Verdienst,
in Zufriedenheit, in Freude am Wachstume des häuslichen Wohl—
standes. So hatte das Handwerk vorzeiten einen gold'nen Boden, und
der biedere, ehrenwerte Handwerkerstand war der frömmste, geachtetste,
war der rechte und echte Kern der Gemeinde und des Volkes. Und
wo heutzutage im Handwerkerstande Gottesfurcht und treuer, gott—
vertrauender Fleiß zu finden sind, da hat das Handwerk auch noch
jetzt einen gold'nen Boden. Wo aber Liederlichkeit, Nichtsnutzigkeit,
Gottvergessenheit eingerissen sind, da ist der gold'ne Boden dem Hand—
werk unter den Füßen hinweggeglitten, und Schmach und Elend sind
an seine Stelle getreten. W. Ortel (v. Horn).
Schwiele an den Händen hat mehr Ehr'
als ein gold'ner Ring am Finger.
5. Das Handwerk.
1. Ein Handwerk soll der Bub' nicht
treiben;
denn dazu ist er viel zu gut;
er kann so wunderniedlich schreiben,
ist so ein feines, junges Blut.
2. Nur ja kein Handwerk, — Gott
bewahre!
Das gilt ja heute nicht für fein.
„Und wenn ich mir's am Munde
spare,
er muß schon etwas Beßres sein!“
3. Das ist der wunde Punkt der Zeiten:
Ein jeder will auf's hohe Pferd,
ein jeder will sich nobel kleiden,
doch niemand seinen Schneider ehrt.
4. Der Hände Arbeit kam zu Schanden;
der Arbeitsbluse schämt man sich;
das rächt sich noch in deutschen Landen,
das rächt sich einmal bitterlich.
5. Das Handwerk hat noch gold'—
nen Boden,
hält es nur mit dem Zeitgeist
Schritt,
folgt es den Künsten und den
Moden,
und bringt man Liebe zu ihm mit.
6. Wenn Bildung sich und Fleiß ver—
mählen
und tut der Meister seine Pflicht,
mögt ihr es zum Beruf erwählen;
es ist das Schlechteste noch nicht.
Aus der deutschen Töpferzeitung
b. Rudolf von Habsburg als Gast in einem Gerberhause.
1. In der Stadt Basel lebte im 18. Jahrhundert ein fleißiger Weiß—
gerbermeister, Ohnewald geheißen. Als dazumal der vielgefürchtete Streiter
Rudolf von Habsburg nach Basel kam, drängte sich alles Volk auf die
Straße, um ihn zu sehen. Meister Ohnewald hingegen blieb mitsamt
seinen Gesellen und Burschen ruhig bei der Arbeit, nur daß er, da der
Zug an seinem Hause vorbei mußte, die Tür seiner Werkstatt öffnete,
um zur rechten Zeit den erwarteten Grafen ebenfalls zu sehen. Als der
Habsburger vor der Werkstätte des Meisters vorbeikam, erstaunte er sehr,
den arbeitenden Mann zu bemerken; denn sonst feierten alle Hände. Er
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