Full text: Lese- und Lehrbuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und andere gewerbliche Lehranstalten

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IV. Die Rohstoffe des Gewerbes und ihre Verarbeitung. 
der chemischen Fabrikation weder das Kali, noch das Natron, sondern nur 
die damit verbundene Salpetersäure in Anschlag kam, so verdrängte in 
unglaublich kurzer Zeit der Chili- oder Natronsalpeter den indischen oder 
Kalisalpeter so gut wie ganz aus dem Handel. Die Schwefelsäure-Fabri— 
kation gewann einen neuen Aufschwung. Ohne Nachteil für den Fabri— 
kanten sank ihr Preis fortdauernd. Jetzt ist er fest geworden, nachdem 
die unterdrückte Schwefelausfuhr aus Sizilien ihn für einige Zeit im 
Schwanken erhalten hatte. Die verminderte Nachfrage nach Kalisalpeter 
erklärt sich jetzt leicht. Nur zur Pulverfabrikation wird jeßt noch dieser 
Salpeter verwendet, und wenn die Regierungen Hunderttausende an dem 
Preise des Pulvers ersparen, so verdanken sie dies der Schwefelsäure— 
Fabrikation. 
Um sich eine Vorstellung über den Verbrauch der Schwefelsäure zu 
machen, reicht es hin, zu erwähnen, das eine kleine Schwefelsäure-Fabrik 
b000 Zentner, eine mäßig große 20000 Zentner Schwefelsäure in den 
Handel bringt; es gibt Fabriken, welche 60000 Zentner jährlich er— 
zeugen. Durch die Schwefelsäure-Fabrikation fließen ungeheuere Summen 
nach Sizilien; sie brachte in die öde Gegend Atakamas Gewerbefleiß und 
Wohlstand. Sie ist es, welche die Platingewinnung in Rußland gewinn⸗ 
reich macht; denn die Konzentrationsgefäße der Schwefelsäure-Fabrikanten 
sind von Platin, und ein jeder Kessel kostet 190020000 Gulden. Das 
immer schönere und wohlfeilere Glas, unsere vortreffliche Seife, sie werden 
heutzutage nicht mehr mit Holzasche, sondern mit Soda dargestellt. 
Unsere Asche fließt als der kostbarste und nützlichste Dünger unseren 
Feldern und Wiesen zu. 
4. Wir können hier nicht alle Anwendungen der Schwefelsäure, der 
Salzsäure und des Natrons verfolgen, allein kaum dürfte man vermuten, 
daß die so schönen Stearinsäure-Kerzen und unsere vortrefflichen Reib— 
zündhölzchen nie in Gebrauch gekommen sein würden, ohne die so außer— 
ordentliche Vervollkommnung der Schwefelsäure-Fabrikation. Die jetzigen 
Preise der Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure, der Soda, des 
Phosphors ꝛc. würde man vor 50 Jahren für fabelhaft erklärt haben. 
Wer kann voraussehen, welche neuen Fabrikationen wir in weiteren 25 
Jahren erhalten werden! 
Man wird nach dem Vorhergehenden die Behauptung nicht für über— 
trieben halten, daß die chemische Industrie eines Landes mit großer Ge— 
nauigkeit nach der Anzahl von Pfunden Schwefelsäure beurteilt werden 
kann, die man in diesem Lande verbraucht. 
S. v. Liebig. 
179. Das Glas. 
1. Das Glas, das heute in mannigfachen Formen und Farben 
überall Verwendung findet, hat seine große Verbreitung erst seit ver— 
hältnismäßig kurzer Zeit erlangt, obschon es bereits z. 3. der Geburt 
Christi zur Herstellung von Glasgefäßen vielfach in ÄAnwendung war. 
Plinius, ein römischer Schriftsteller, der kurz nachher lebte, neunt die 
Phönizier als Erfinder des Glases. Sie sollen beim Aufbau eines
	        
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