452 VL. Das Gewerbe im Weltverkehr, im Ausland und im Vaterlande.
Themse ist der eigentliche Londoner Hafen. Am äußersten Westende
dieses Hafens lieg das Hauptzollamt. Die Zölle wurden früher beim
Zollhaus erhoben. Wollte man aber gegenwärtig, wo an manchen
Tagen 300 Fahrzeuge und mehr, den Fluß heraufgeschwommen
kommen, sie säͤmtlich vor das Zollhaus zur Zollabfertigung lagern
lassen, so würde man mit Plaß und Zeit nicht auskommen. Des—
halb wurden die Docks errichtet. Sie verdanken wie die meisten
Änstalten in England dem Unternehmungsgeiste von Privatgesellschaften
ihre Entstehung. Auch jetzt steht es jedem Fahrzeuge frei, beim
Zollhause zu landen uͤnd, wenn es schnell abgefertigt sein muß,
sch dort der sofortigen Üntersuchung zu unterziehen. Aber es ist
nicht dazu gezwungen; es kann in eines der Docks einlaufen und
da mit seiner unverzollten Fracht liegen bleiben, solange es in seinem
Interesse ist.
2. Die eigentlichen „London Docks“, ein Teil der Londoner
Dockanlagen, sind, wenn auch nicht die größten, doch jahraus, jahrein
die beleblesten und bieten dem Besucher die größte Mannigfaltigkeit.
Ihre 4 Wasserbecken haben Raum für 300 Seecschiffe; die Warenhäuser
föanen 220000 Tons Waren, die Keller 60000 Fässer Wein bergen.
Ein nach drei Seiten freistehendes, fünf Stockwerk hohes Gebäude zeigt
uns ein tiefblau gefärbtes Eingangstor. Die Fensterrahmen und die
Wände der inneren Gänge sind blau; selbst die Arbeiter, die aus- und
eingehen, sind in ihrer Kleidung, in ihrer Gesichtsfarbe bis ins Weiße
des Auges hinein blau gefärbt. Hier sind die großen Indigolager,
die größten und reichsten der Welt. — Hat man keine Lust, wie ein
Blauͤfärber auszusehen, so wendet man seine Schritte den Teelagern
zu. Magazine wie diese, die Lagerplätze für 120000 Kisten Tee
haben, findet man schwerlich auf irgend einem andern Flecke der Erde
wieder. — Besondere Beachtung verdienen ferner die Tabakswaren⸗
häuser. Wie in den Teemagazinen die kleinen, papierüberzogenen
Kistchen des Ostens, so türmen sich hier die tabakgefüllten, großen
Fässer des Westens übereinander. Wie dort, gibt es auch hier endlose,
sich kreuzende Straßen, in denen man hie und da einem Arbeiter, der
ein Faß ausbessert, oder einem Agenten, der sich mit dem Inhalte der
Verpackung vertraut machen will, begegnet. — Eine breite Treppe
führt abwärts in einen der großen Weinkeller des Docks. Die
Wege zwischen den Fässern tragen zwei Eisenbahnschienen, um den
Küsern das Hin- und Herrollen der schweren Fässer zu erleichtern.
Dieser Keller bedeckt viele Hektare unterirdischen Bodens, und seine
Schienenwege sollen 13 englische Meilen lang sein. Es ist dies das
weiteste unlerirdische Gewoͤlbe, das von Menschenhänden in unserer
Zeit gebaut wurde. — Etwas betäubt von dem Weingeistdunste, ge—
langt man wieder zum Ausgange, wirft noch einen Blick auf die oben—
stehenden Kufen, die zur Weinmischung bestimmt sind und von denen
die größte 1000 bl faßt, und wendet sich dem großen Hafenbecken zu.
Nur im Vorübergehen wirft man einen Blick auf die fabelhaften
Vorräte von austrälischer Wolle, von Seide aller Länder, von Farb—