B. Aus der Gesetzeskunde.
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sich deshalb immer nur auf die dem ausliefernden Staate nicht ange—
hörigen Personen.
3. Strafarten. Das Strafgesetzbuch teilt alle strafbaren
Handlungen nach der Schwere in drei Klaͤssen ein und nennt Ver—
brechen jede Handlung, die mit Tod, Zuchthaus oder Festungshaft
von mehr als fünf Jahren, Vergehen jede Handlung, die mit
Festungshaft bis zu fünf Jahren, mit Gefängnis oder mit Geldstrafe
von mehr als 150 Mark, Übertretung jede Handlung, die mit
Haft oder mit Geldstrafe bis zu 150 Mark bedroht ist. Als schwerste
Strafe kennt das Gesetz die durch Enthauptung zu vollstreckende Todes
strafe; sie kommt nur zur Anwendung bei Mord, Mordversuch gegen den
Kaiser und Landesherrn (Hochverrat). Im Kriege (auch bei erklärtem
Kriegszustande) erfolgt die Bestrafung schwerer und gemeingefährlicher
Verbrechen, die sonst nur mit Zuchthaus bedroht sind, standrechtlich,
d. h. nach rascher Aburteilung durch die Kriegsgerichte mit dem Tode
durch Erschießen. Von den Freiheitsstrafen ist die härteste die ent—
ehrende Zuchthausstrafe; sie ist als zeitige nie unter einem Jahre,
jedoch nur bis zu 15 Jahren oder als lebenslängliche zu verhängen.
Die Gefängnisstrafe kann einen Tag, bei mehreren gleichzeilig ab—
geurteilten Vergehen bis zu 10 Jahren umfassen. Die Festungs—
haft wird verhängt, wenn keine ehrlose Gesinnung des Täters vor—
liegt. Die Haft besteht in einer einfachen Freiheitsentziehung. Geld—
strafen können bis zu 15000 Mark erkannt werden. Sind sie nicht
einzutreiben, so werden sie in Freiheitsstrafen umgewandelt. Neben
Zuchthaus⸗ und Gefängnisstrafe tritt als Nebenstrafe noch die Ab—
erkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf, durch welche das
Recht der öffentlichen Wahl, des öffentlichen Amtes, des Titels, der
Würden und Orden, des Heeresdienstes u. s. w. verloren geht. Bei
Raub, Diebstahl, Wilderei, Hehlerei u. a. strafbaren Handlungen kann
noch Polizeiaufsicht über den Verurteilten verhängt werden; hier—
durch wird die Freiheit der Bewegung beschränkt. Ausländer werden
dann ohne weiteres ausgewiesen. Auch die Einziehung (Konfiskation)
der verbrecherisch gewonnenen Gegenstände, der zum Verbrechen ge—
brauchten Werkzeuge und die Vernichtung solcher Sachen sind zulässig.
Auch der Versuch eines Verbrechens ist strafbar; jedoch fällt
bei ihm die Strafe milder aus. Wer dem Täter zur Begehung eines
Verbrechens durch Rat und Tat wissentlich behilflich ist, erscheint als
Gehilfe und Teilnehmer; so ist z. B. der Dienstbote ein Gehilfe
des ihm als solchen bekannten Diebes, wenn er diesem mitgeteilt hat,
wann die Herrschaft abwesend ist, und wo sie das Geld aufbewahrt.
Der Apotheker, der ungesetzlich Gift abgibt, ist Gehilfe an dem init
dem Gifte begangenen Morde. Wer durch Geschenke, Versprechen,
Drohung, Mißbrauch seines Ansehens und seiner Amtsgewalt, durch
absichtlichen Irrtum u. dergl. jemaänd zum Vergehen verleitet, ist als
Austifter strafbar; unter Umständen kann der Täter freigesprochen
und nur der Anstifter bestraft werden. Wenn z. B. ein Meister
fremdes Werkzeug als sein Eigentum bezeichnet und den Gesellen da—