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I. Von der Viehzucht.
83. Vom Tränken.
Ua. Der Körper des Tieres besteht zum größten Teil aus Wasser.
Davon wird jederzeit eine größere oder kleinere Menge ausgeschieden.
Der Ausfall muß aber ersetzt werden dadurch, daß die Tiere Wasser auf—
nehmen. Unser Vieh nimmt einen beträchtlichen Teil der notwendigen
Wassermenge in seinen Nahrungsmitteln, z. B. im Grünfutter u. s. w.
auf, der Restbedarf muß aber durch Getränke gedeckt werden.
Mit dem Tränken ist es nun ein eigen Ding, wie auch mit dem
Trinken. Es kommt in erster Linie darauf an, was man tränkt und
was man trinkt, und dann, wie und wann es geschieht.
Trunk und Tränke müssen vor allen Dingen rein sein. Das Wasser
vieler Brunnen in Dorf und Stadt ist es nicht. In der Nähe der Ab—
tritte und Viehställe und Miststätten und Jauchegruben sammelt es sich
in Brunnenschächten, die im Innern weder gemauert noch zementiert sind,
und die giftigen Stoffe aus Jauchegrube, Miststätte und Abtritt sickern
mit hinein und machen die Brunnen zu Ansteckungsherden von mancherlei
Krankheiten und Seuchen. Verdauungsstörungen, Fieberkrankheiten und
die boͤsen Durchfälle kommen aus solchen Brunnen. Kein Vieh sollte
daraus getränkt werden, und noch viel weniger ein Mensch ein Glas
Wasser daraus trinken.
b. Gefährlich ist auch stehendes Wasser in Tümpeln und Lachen,
und besonders gefährlich, wenn die Sonne darauf scheint. „Stehend
Wasser stinkt,“ heißt es im Sprichwort. Und das ist wahr. In solchem
Wasser wuchern allerhand schädliche Pilze und bringen Fäulnis und Ver—
wesung. Sehen kann man sie allerdings nicht. Sie sind so winzig klein,
daß in einem Liqueurgläschen solchen Wassers so viele sind als Menschen
auf der Erde, 1500 Millionen und noch mehr. Gibt man nun solches
Wasser als Tränke, so kommen alle die kleinen, winzigen Lebewesen in
den Leib der Tiere, in das Blut, und so entstehen Milzbrand und andere
Krankheiten. Und wer dann ein an Milzbrand krepiertes Stück Vieh im
Garten vergräbt, hat sich einen Milzbrandgarten auf viele Jahre angelegt.
In sumpfigem Wasser hält sich oft auch die Brut vom Leberegel und
Spulwurm auf. Von hier aus gelangt sie nicht selten in den Körper der
Schafe und Rinder und Schweine und ruft hier Kolik und Darmentzündung
hervor oder richtet in der Leber Verwüstungen an. An sumpfigen Stellen
foll man darum das Vieh weder weiden noch trinken lassen. Am em—
pfindlichsten in Bezug auf die Verunreinigung des Wassers ist das Schaf,
weniger das Pferd und am wenigsten das Rind. Wer die Wahl hat
zwischen hartem und weichem Wasser, nehme für Rindvieh lieber weiches;
die anderen Tiere sind nicht so empfindlich. Viele tränken ihr Vieh
warm, weil warme Tränke auf die Milchabsonderung günstig einwirkt.
Nach dem Kalben muß das Rind auch einige Tage lang erwärmtes Wasser
erhalten, aber später nicht mehr. Warmes Wasser stört und erschlafft
Magen und Därme. Wasser von 10—1400 eignet sich am besten zur
Träuke von Pferden, Rindern und Schafen. Das Pumpenwasser hat im