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III. Der Landmann in seiner Wirtschaft.
168. Die erste Hilfe bei Verletzten und Scheintoten.
1. a. Gar mancher Verunglückte wäre wieder zum Leben zurück⸗
gerufen worden, wenn man zur rechten Zeit zu den geeigneten Mitteln
gegriffen hätte. Wird eines der größeren Blulgefäße verletzt, so strömt
das Blut quellend oder im Strahle hervor. Bei Erwachsenen hat ein
Verlust von 21/2 kg Blut unbedingt den Tod zur Folge. Kleinere
Blutungen können durch Kälte, Eintauchen des verletzten Gliedes in
kaltes Wasser gestillt werden, größere dadurch, daß man an der ven—
wundeten Stelle den Blutkreislauf durch Unterbinden hemmt. Ein Gummi—
band legt man über der Wunde nach dem Herzen zu fest an. Statt
dessen kann man auch ein nasses Tuch mit einem Knoten benutzen; man
bringt den Knoten auf die Stelle, aus welcher das Blut hervorquillt,
und stellt durch möglichst festes Binden einen drückenden Verband her.
Ärztliche Hilfe ist sofort zu suchen. Nasenblutungen werden durch Ein—
ziehen von kaltem Wasser, kalte Aufschläge oder in schweren Fällen durch
Verstopfen mit Baumwollenballen, welche mit blutstillenden Mitteln ge⸗
tränkt sind, beseitigt. Bei tieferen Schnittwunden sind die Wundränder
durch einen dichten Verband ununterbrochen zusammenzuhalten. Der ver—
wundete Teil wird mit Eis gekühlt und in eine rnhige, wagerechte Lage
gebracht. Wunden verlangen eine sorgfältige Behandlung und große Rein⸗
lichkeit. Bei kleineren Wunden nimmt man zur Vereinigung der Wund⸗
ränder Heftpflaster. Die Wände müssen verkleben und verwachsen. Eiter—
bildung muß verhindert werden. Damit größere Wunden nicht durch die
Pilze der Luft in Fäulnis übergehen, legt man sogleich Watte darauf,
welche mit 21/2/0 iger Karbollbsung getränkt ist, und erhält sie stets
feucht. Durch die Watte wird die Luft gereinigt, ehe sie an die Wunde
kommt; die Pilze werden zurückgehalten und zerstört. Verwundete Glieder
werden oft in lauem Wasser oder Kamillenthee gebadet oder gespült, aber
nicht mit Schwämmen oder Tüchern abgewaschen, da diese Schmutz und
Pilze enthalten können.
b. Körperteile mit Brandwunden werden zur Linderung des
Schmerzes sofort in kaltes Wasser getaucht oder mit kalten Umschlägen
bedeckt. Leichtere Wunden, bei denen Blasen sich nicht gebildet haben,
kühlt man mit Bleiwasser. Schwerere behandelt man ebenfalls zuerst mit
Kälte, dann aber mit kühlenden Mitteln, wie Leinöl mit Kalkwasser,
Pfefferminzöl, Eigelb, frischer Butter, geschabten Kartoffeln. Hierauf be⸗
deckt man sie schonend mit Watte, welche in 10ige Karbollösung ge⸗
taucht wurde.
o. Die Erfahrung hat gelehrt, daß viele Handwerker oft unvorsichtig
und leichtsinnig mit scharfen und spitzen Werkzeugen umgehen, so daß bei
ihnen viel zu oft Verwundungen vorkommen. Dadurch verursacht sich
der einzelne selbst unnötig Schmerzen, stört den regelmäßigen Fortgang
des Geschäftes und schädigt sich und seine Familie am Einkommen. Daher
Vorsicht! Durch Stoß, Schlag, Fall, Sturz werden innere Zerreißungen
hervorgebracht, welche mit Blutergüssen unter der Haut und mit schmerz⸗—
hafter Schwellung und Verfärbung verbunden sind und Quetschungen