326 W. Aus der Geschichte der Landwirtschaft und des Vaterlandes.
Friedrich Wilhelms wurden die Pileniere abgeschafft, und die ganze
Infantetie bestand nur aus Musketieren. Die Reiterei führte schon
Kanonen mit sich, und bei der Belagerung von Stralsund wurden
achtzig Stück schweres Geschütz gebraucht. Mit diesem Heere hat er
große Siege erfochten (Warschau 1656, Fehrbellin 1675).
8. Auch als Gatte und Vater verdient Friedrich Wilhelm gleiche
Ehrfurcht und Bewunderung. Wahre Zuneigung verband ihn im Jahre
1646 mit Luise Henriette, einer Prinzessin von Oranien, und ihre
Ehe war ein Muster für alle Stände. Zum Andenken an die Geburt
ihres Lieblingssohnes Karl Emil stiftete die Kurfürstin für zwölf Knaben
und zwölf Mädchen ein Waisenhaus in Oranienburg, das noch
jetzt oͤlüht. Leider riß der unerbittliche Tod die treffliche Frau im
dierzigsten Jahre ihres Alters von der Seite ihres Gatten, beweint von
ihren guten Brandenburgern als Mutter und fortlebend in dem
Herzen des Kurfürsten. Ihre Wohnzimmer waren ihm ein Heiligtum,
und oft stand er, von den schmerzhaftesten Gefühlen hingerissen, vor
ihrem Gemälde und rief laut aus: „O Luise, Luise, wie vermisse ich
deinen Rat!“ — Von den sechs Kindern überlebte ihn nur der Kur—
prinz Friedrich.
Im Jahre 1668 vermählte sich Friedrich Wilhelm zum zweiten
Male mit Dorothea, einer holsteinischen Prinzessin, verwitweten
Herzogin von Braunschweig-Lüneburg. Auch sie beförderte die Unter—
nehmungen ihres Gemahls und erwarb sich dadurch seine Zuneigung.
9. Mehrere körperliche Leiden und vorzüglich heftige Gichtschmerzen,
an denen Friedrich Wilhelm schon einige Jahre litt, und wozu noch
die Wassersũcht kam, beschleunigten das Ende seines tatenreichen Lebens.
Am 27. April 1688 ließ er noch einmal den Staatsrat mit dem Kur—
prinzen zusammenrufen, übergab demselben die Regierung, dankte den
Ministern für ihre treuen Dienste und forderte sie auf, seinem Nach—
folger so wie ihm ergeben zu sein. Dem Kurprinzen gab er ernste
Regierungsvorschriften. Er ermahnte ihn, seine Untertanen über alles
zu lieben, dem Rate geprüfter Minister zu folgen und überall das
Wohl seines Landes vor Augen zu haben. Alle Umstehenden weinten
laut. Am 29. April, vormittags um 9 Uhr, neigte er unter einem
vernehmlichen Gebete sein ehrwürdiges Haupt und entschlief sanft im
neunuͤndsechzigsten Jahre seines Alters und im achtundvierzigsten seiner
Regierung.
„Er starb“, sagt sein großer Urenkel Friedrich II.. „wie er gelebt
hatte, als großer Mann, sah mit unerschütterlicher Standhaftigkeit der
Annäherung des Todes enigegen, verließ Vergnügen, Glück, Ruhm und
Leben mit Gleichmut, führte das Staatsruder bis zum Augenblicke seines
Todes mit sicherer Hand, richtete seine letzten Gedanken auf seine Völker,
die er mit Vaterwärme seinem Nachfolger empfahl, und rechtfertigte
durch sein Leben voller Ruhm und Wunder den Beinamen des Großen,
den er von seinen Zeitgenossen empfing, und den ihm die Nachkommen—
schaft einhellig beslaͤigt *