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das entreißen wollten, was er aus der Hand seines Vaters als das köst⸗
lichste Erbteil empfangen hatte: sein Gut. Und in seinem Kummer war
ein Stachel verborgen; ein Tropfen gab dem Kelche den bittersten Bei⸗
geschmack: der Selbstvorwurf. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber
er mußte es doch fühlen, das wurmende und brennende Bewußtsein, daß
er selbst die Schuld trug. Solche Erkenntnis kam nur blitzartig über
ihn. Er wußte die selbstanklägerische Stimmung wohl zu verscheuchen.
Andere waren schuld, nicht er! Die schlechten Zeiten, die Verhältnisse.
Haß gegen die Welt, das war der beste Trotz, Ingrimm das beste Schutz⸗
mittel des Trotzigen gegen die gefürchtete Reue.
Einen wirklichen Trost hatte er, und an diesen klammerte er sich mehr
und mehr mit der verzweiflungsvollen Kraft des Sinkenden: seinen Sohn
Gustav. Wenn jemand ihn retten konnte vor völligem Zusammenbruch,
vbor dem Verlust seines Gutes, so war der es. Das Zeug hatte der
Junge dazu. In seinem Sohne Gustav sah er ein Stück vom Groß⸗
dater Leberecht wieder lebendig werden.
Wilh. v. Polenz. „Der Büttnerbauer“.
Handwerk und Industrie.
84. Ehre der Arbeit!
Wer den wucht'gen Hammer schwingt,
wer im Felde maht die Ahren,
wer ins Mark der Erde dringt,
Weib und Kinder zu ernähren,
wer stroman den Nachen zieht,
wer bei Woll' und Werg und Plachse
hinterm Webestuhl sich müht,
daß sein blonder sunge wachse: —
Jedem Ehre, jedem Preis!
Ehre jeder Hand voll Schwielen!
Ehre jedem Tropfen Schweib,
der in Hütten fällt und Mühlen!
Ehre jeder nassen Stirn
hinterm Pflugel — Doch auch dessen,
der mit Schädel und mit Hirn
hungernd pflügt, sei nicht vergessen!
Perdinand Preiligrath.
85. Der Dorfschmied.
In einem wasserdurchrauschten Gebirgstal schritt ich durch späte
Mondnacht, als in mein Träumen ein fremder Ton drang. Hart scholl
das wie ein Arbeitstag — und doch dichterisch verklärt, veredelt von der
mildernden Stille der großen Nacht, in deren weiter Halle der Ton
melodisch verklang.
Es war das Hämmern einer Schmiede. Nur von Zeit zu Zeit,
wie lauschend, schwieg der nächtliche Glöckner, und die Mainacht um mich
herum atmete allein weiter.
Als ich um eine Ecke der Landstraße bog, sah ich in hellem Feuer-
schein die Schmiede vor mir stehen. Und näher tretend, sah ich auch den
Schmied.