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wesentlich gesteigert, der Raum für die Ladung vergrößert und die
Dauerhaftigkeit des Fahrzeuges erheblich erhöht. Jetzt werden die meisten
Schiffe, selbst die Segler, aus Stahl gebaut. Erst durch die Verwendung
dieses Materials ist der Bau der neueren Riesendampfer möglich ge¬
worden. Eins der größten deutschen Schiffe, der auf der Stettiner Werft
„Vulkan" erbaute Doppelschraubenschnelldampfer „Deutschland," hat
bei einer Länge von 203,5 in eine Raumverdrängung von 23000
Tonnen (1 Tonne — 2,832 kbm). Die Schnelligkeit dieses Schiffes
beträgt 23 Knoten, das heißt, etwas mehr als 42 km die Stunde,
eine Leistung, die jetzt freilich schon übertroffen wird. Die Maschinen
haben eine Stärke von 33O00 Pferdekräften und werden aus 16 Kesseln
gespeist. Das Schiff hat 4 Decks und ist für 1067 Fahrgäste eingerichtet.
Es sind 17 wasserdichte Raumschotte vorhanden, und auch die beiden
Maschinen sind durch einen Schott getrennt. Die Besatzung beträgt
525 Mann. Schon jetzt wird dieser Riesendampfer von noch größeren
Schiffskolossen übertroffen. Vorläufig ist das Ende dieser Entwicklung
noch gar nicht abzusehen.
Große Verbesserungen hat im Lauf der Jahre die Schiffsmaschine
erfahren. Die gegenwärtig verwandte Compoundmaschine, eine Verbindung
von Hoch- und Niederdruckmaschine, gewährt unter Anwendung der Ex¬
pansion des Dampfes eine weit bessere Ausnutzung desselben und somit
eine außerordentliche Kohlenersparnis. Eine große Zukunft hat jedenfalls
die neuerdings in Anwendung gebrachte Wasserturbine.
Während der Bau unserer eisernen Schiffe früher nur auf aus¬
ländischen Werften — berühmt sind die Werften am Clyde bei Glasgow
— erfolgen konnte, sind wir seit einigen Jahren im Schiffsbau soweit
fortgeschritten, daß unsere deutschen Werften jetzt den höchsten An¬
forderungen genügen können. Der Grundsatz des Marineministers
General v. Stosch: „Ohne deutschen Schiffsbau keine deutsche Marine"
fand bei den deutschen Reedereien anfangs wenig Anklang. Erst all¬
mählich, erst nachdem die deutschen Werften sich durch Kriegsschiffsbauten
geschult, und nachdem sie einige glänzende Proben ihrer Leistungsfähig¬
keit abgelegt hatten, schwand das Mißtrauen. Jetzt ist der deutsche
Schiffsbau nicht allein imstande, den heimischen Bedarf an Kriegs- und
Handelsschiffen zu decken, er kann auch noch für das Ausland bauen. In
dem kurzen Zeitraum von 1890 bis 1897 hat sich der deutsche Schiffsbau
verdoppelt, eine Steigerung, wie sie kein anderer Staat aufzuweisen
hat. Die größten und leistungsfähigsten Werften sind zur Zeit die
Schiechausche in Elbing, der Vulkan in Stettin, die Werft von Blohm
und Voß und die Reiherstiegs-Werft in Hamburg, die Germania und
die kaiserliche Werft in Kiel, die Flensburger Schiffsbaugesellschaft
und die Weserwerft. Der Vulkan beschäftigt 5000 Arbeiter und
nicht viel geringer ist die Zahl der Arbeiter auf jeder der andern
Werften.