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Gegenteil. Die die Hunde vor dem Pferch sein sollten, sind vielmehr 
selbst Wölfe und reißen alles mit Gewalt zu sich, was sie nur vermögen, 
und es wäre not, daß man vor solchen Hütern und Wächtern hütete 
und wachte, deren Adel ganz und gar von seinem alten Glanze gekommen 
ist. Früher hatte ihr Adel wohl in Tugend seinen Grund, jetzt aber 
beweisen sie ihn allein mit Stolz, Pracht, Reichtum, Geburt und Tyrannei. 
Und wie jedermann sie fürchtet und haßt, also müssen auch sie fürchten 
und hassen. Sie haben nur Ohrenkrauer und Heuchler zu Freunden, 
während sie in Wahrheit so viel Feinde besitzen, als sie Knechte und 
Untertanen haben. 
Nun zeigt zwar der letztvergangene bäurische Aufruhr genugsam, 
was für Lust und Freundschaft die Untertanen zu ihren Herren haben, 
die also mit Gewalt gegen sie verfahren. Die alten Edlen wollten mit 
Wohltat sich die Untertanen willig und gewogen machen, und dies war 
ihre Mauer, dahinter ihre Herrschaft sicher stand. Sie achteten sich auch 
reich, so sie reiche und wohlhabende Untertanen hätten, die sie allewege 
mit guter Ordnung, mit gutem Beispiel und guten Gesetzen förderten, 
auf daß sie immer mehr zu geben hätten. Jetzt aber will man alles mit 
Gewalt ausrupfen, ja auf einmal nehmen, jetzt will man zum Lieben 
und Geben zwingen, so doch in die Länge nicht bestehen kann; denn die 
Natur hasset die Nötigung; die Liebe will frei sein, der Wille und das 
Herz ungezwungen. In Summa, es ist jedermann eingepflanzt eine 
Liebe der Freiheit von dem freien Gott, daß wir lieber wollen geführt 
sein denn gezogen werden. Daraus haben viele Unedle und Edle wenig 
acht sondern fordern heute das; mit was für Fug, da fragen sie nicht 
danach. 
Sie treiben kein andres Geschäft als jagen, beizen, trinken, prassen 
und spielen; sie leben von Renten, Zinsen und Gülten im Überfluß köst¬ 
lich. Warum sie es aber nehmen, und was sie dafür zu tun schuldig 
sind, da gedenket kaum einer seines Amtes. Und ist ihnen doch diese 
Macht, Lasten den Bürgern auf den Hals zu legen und auch nur einen 
einzigen Pfennig zu fordern, nicht gegeben zum Nachteil der Untertanen, 
sondern, daß sie verpflichtet sind, zu bessern, wo es not ist; gerade wie 
dem Tagelöhner sein Lohn gegeben wird, daß er darum den Tag über 
schaffe. Also auch diesen; nämlich darum, daß sie Witwen und Waisen 
vor Gewalt schützen, dem Armen vor Gewalt zum Rechte helfen und sich 
um aller Menschen Not wie um ihrer eigenen annehmen wie Väter des 
Vaterlandes. Tun sie dasselbige nicht, so ist es eitel Tyrannei und ein 
Abnehmen mit Gewalt, wie wenn ein Tagewerker seinen Tagelohn von 
mir forderte, ja mit Gewalt ihn mir abdrängte, und hätte doch seine 
Arbeit nicht einmal angefangen noch angerührt. Auf die Wolle sieht 
man wohl, aber auf die Wohlfahrt der Schafe achtet niemand. 
Der Adel deutscher Nation dünkt sich dazu gut zu sein, daß sie 
jagen, müßiggehen oder Reiterei und Federspiel treiben, schämen sich
	        
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