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den hohen Fenstern mit grünen, geschlossenen Jalousien und den breitel
Veranden, die es auf allen Seiten umgeben, erscheint es uns eher wi
ein kleines Schlößchen. Hohe, himmelanstrebende Magnolien überschattel
es ganz und gar; herrliche Palmen strecken ihre schlanken Stämme au
dem dichten Gebüsch der Mandarin-ODrange hervor. Aloen mit g
waltigen, zentnerschweren Blättern fassen die breite, besandete Terrass
vor dem Hause ein. Die Hecken sind von üppig blühenden Rosen⸗
sträuchern umgeben. Zur Rechten setzt sich der Garten in eine große
eine Meile lange Drangenwaldung fort, deren Bäume im Februar in
der üppigsten Blüte stehen und einen bezaubernden Duft aushauchen
Pfauen und Truthühner stolzieren auf den weichen von der Sonn?
beschienenen Rasenflächen auf und ab und unterbrechen mitunter durch
ihren Schrei die Ruhe, die über die ganze idyllische Szenerie ausge⸗
breitet ist. Der Pflanzer, die Aufseher und Neger sind draußen im
Felde bei der Arbeit, und die Damen machen uns in der liebens⸗
würdigsten Weise die Honneurs.
Ein paar Steinwürfe vom Herrschaftshaus entfernt erheben sich
ein paar Dutzend kleine Häuschen. Sie sind alle in demselben Stil
und von derselben Größe gebaut und scheinen, wie überhaupt jedes
Gebäude des Missisippi-Delta, auf Stelzen zu stehen, da der feucht?
Boden und die häufigen Überschwemmungen eine gemauerte Fundierung
und die Anlage von Kellern nicht gestattet. Die Häuser stehen gruppen⸗
förmig und unregelmäßig beisammen, ohne aneinander gebaut zu sein,
um die Ausbreitung von Schadenfeuern zu verhindern. Ein großes
Gebäude ist für ein Hospital, ein andres zur Kirche bestimmt. Dort
ist die Wohnung der Plantagenneger, der einstigen Sklaven. Hierl
wohnen sie mit ihren Familien, ihren Kindern, die sich draußen hintel
den Häusern auf den Feldern herumbalgen. Die Neger setzen einen
gewissen Stolz in ihre Wohnungen und statten sie mit allerhand
Bilderchen, buntem Papier, alten Möbeln, Vorhang- und Teppichfetzen
in der komischsten Weise aus. Die Frauen sind mit ihren Männern
draußen in der Plantage, und nur hie und da sieht man eine alte
Negerin in hellfarbigem Kleide, einen Turban auf dem Kopf, vor der
Thüre sitzen. Hier ist eine derartige ,Mammy“, die eben ihre kleinen
schmutzigen, nackten Enkel füttert. Sie hält eine Schüssel mit irgend
einem Brei auf den Knieen, und die kleinen Bengel umdrängen sie
und lassen sich den Mund vollstopfen, daß sie zu ersticken drohen.
Kleine, ebenso schwarze Ferkel umgrunzen die Alte und schnappen ihr
manchmal den für ihre menschlichen Spielgenossen bestimmten Bissen
weg. Unter den Häusern haben sich die alten Tiere eingenistet und
wagen nur hie und da einen Ausfall, um einen zur Erde gefallenen
Brocken zu erhaschen. Ein idyllisches Bild! Weiter weg sitzen ein
paar pechschwarze, prächtige Jungen am Rande eines Abzugsgrabens