Full text: Deutsches Lesebuch für die weibliche Jugend

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ernstlich ermahnen, daß er in diesen seinen Lehrjahren seines Lehr— 
herrn Bestes eifrig beobachten, jederzeit treu, fromm und fleißig, 
gehorsam und unverdrossen sich bezeigen, des Sonntags fleißig in 
die Kirche und außerdem weder bei Tag noch bei Nacht ohne Erlaub— 
nis aus dem Hause gehen, alle böse Gesellschaft meiden und alles 
andere, was einem frommen und getreuen Lehrburschen geziemt, 
gehorsamst verrichten solle. Im Falle auch Herrn Böhme wider 
Verhoffen, und welches Gott in Gnaden verhüten wolle, durch er— 
wähnten Christoph Friedrich Perthes wegen erwiesener Untreue in 
der Handlung und in seinen Verpflichtungen, so ihm als Lehrbur— 
schen obliegen, einiger erweislicher Schaden verursacht werden sollte, 
so verspricht mehrgedachter Herr Heubel als Selbstschuldner dafür 
zu haften und Herrn Böhme diesfalls schadlos zu halten. 
Wie nun beiderseits Kontrahenten mit vorstehenden Punkten 
in allem einig und zufrieden, also haben sie sich allen diesem Lehr— 
kontrakte zuwiderlaufenden Ausflüchten, sie mögen Namen haben, 
wie sie wollen, wohlbedächtig reziprozierlich begeben. 
Geschehen Leipziger Michaelis-Messe 1787. 
Friedrich Ernst Heinrich Heubel. 
Adam Friedrich Böhme. 
Am Sonntag, den 9. September 1787 trat der fünfzehnjährige 
Knabe allein, auf unbedecktem Postwagen die Reise in die Fremde 
und ins Leben an. „Abends in Saalfeld bin ich sehr traurig ge— 
wesen,“ schrieb er seinem Onkel, „aber ich habe da auch viele gute 
Leute gesehen.“ — In Regen und scharfer Kälte fuhr er über Neu— 
stadt, Gera, Zeitz und gelangte am Dienstag, den 11. September, 
nachmittags 3 Uhr im Hause seines Lehrherrn an. „Mein Himmel, 
Junge,“ rief ihm dieser entgegen, „du bist ja noch ebenso klein wie 
voriges Jahr; nun, wir wollen es miteinander versuchen.“ Die 
Frau seines Lehrherrn und die Kinder, sechs Töchter und ein kleiner 
Sohn, sowie ein Lehrling, der schon vier Jahre im Hause war, nah— 
men ihn freundlich auf. „Hier in Leipzig gefällt es mir ganz wohl,“ 
schrieb Perthes unmittelbar nach seiner Ankunft, „und ich hoffe, 
es wird auch gut gehen, zumal da mein Kamerad ein recht guter 
Mensch ist. Auch die Mamsells scheinen außerordentlich gütig; die 
Friederike, die zweite Tochter meines Lehrherrn, ist zu mir gekom— 
men auf unsere Stube, um mir, wie sie sagte, die Grillen zu ver— 
treiben.“ — „Hierdurch“, so meldete sein Lehrherr, „habe ich die 
Ehre zu berichten, daß der junge Perthes gesund und glücklich bei 
mir eingetroffen ist. Ich hoffe, wir werden wohl miteinander einig 
werden. Sein bei sich habendes Geld, welches nach hiesigem Kurs 
1 Taler 20 Groschen beträgt, habe ich mir einhändigen lassen, denn
	        
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