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gebig; auf seine Kosten wurden viele Erbauungsbücher gedruckt
und unter Arme und Soldaten verteilt. Das kirchliche Leben
suchte er auch äußerlich durch eine neue Kirchenordnung und
Einsetzung geistlicher Inspektoren zu heben und zu kräftigen.
Großen Argwohn hegte er gegen die Wissenschaften, nament¬
lich gegen die Philosophie; nur diejenigen wissenschaftlichen
Zweige erfreuten sich einer größeren Gunst, welche, wie die
Medizin, auf eine mehr praktische Thätigkeit hinwiesen. Die
Akademie der Wissenschaften entging unter ihm nur mit Mühe
der Aufhebung, und die zu ihrer Erhaltung nötigen Gelder
wurden ihr fast ganz entzogen. Einen desto größeren Eifer
zeigte Friedrich Wilhelm für die Errichtung von Elementar¬
schulen. Er führte den Schulzwang ein und errichtete allein
in Ostpreußen an 1100 Dorfschulen, so daß ihm das Verdienst
bleibt, zuerst mit Erfolg eine gleichmäßige Volksbildung er¬
strebt zu haben.
c) Sorge um das Militärwesen. Die Hauptsorge
Friedrich Wilhelms I. war aus die Vermehrung und Aus¬
rüstung des Heeres gerichtet. In ihm hatte er die Grundlage
und die Stütze der Monarchie erkannt. 'Die von seinem Vater
überkommenen 38 000 Mann Truppen erhöhte er schon im ersten
Jahre seiner Regierung aus 45 000 Mann, und bei seinem
Tode war das Heer aus 83 000 Streiter angewachsen. Diese
für die Größe des Landes übermäßige Streitmacht wurde zum
Teil durch Werbungen in den verschiedenen Ländern aufge¬
bracht. Zur Regelung der inländischen Aushebung ward für
jedes Regiment nach einer gewissen Einteilung des Landes ein
Kanton gebildet, aus dem es seine Rekruten erhielt. Um
ein tüchtiges Osfizierkorps heranzubilden, beschloß er, die Offi¬
ziere selbst anzustellen, während dies bis dahin von den Re-
gimentsobersten geschehen war. Des Königs Hauptgehilfe bei
der Ausbildung des Heeres war Fürst LeopoldvonDessau
(„der alte Dessauer"). Derselbe ist der eigentliche Urheber der
vorzüglichen preußischen Kriegsausbildung geworden (Einfüh¬
rung des eiserneu Ladestockes). Die Liebhaberei des Königs
für das Militär führte ihn jedoch auch zu Maßnahmen, welche
man mehr für Spielerei halten muß (Potsdamer Riefengarde).
d) Auswärtige Beziehungen. Über die Erwerbun¬
gen Preußens im Utrechter Frieden f. Seite 147, über seine
Teilnahme am nordischen Kriege und den Länderzuwachs im
Frieden zu Stockholm s. Seite 161. Ein Lieblingsgedanke
Friedrich Wilhelms war es, die preußischen Erbansprüche auf
Jülich und Berg doch noch zur Geltung zu bringen, da
das Aussterben der Linie Pfalz-Neuburg zu erwarten war.
Er hatte bereits im Jahre 1725 im Vertrage zu Herren-
1725