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dienste leisten mußten. Über das Innere des Hauses, über Knechte
und Magde waltele die Hausfrau; sie hatte für Kleidung und Speise
zu sorgen. Um das alles kümmerte der Mann sich nicht, und er
konnte ganz und gar seinen Lieblingsbeschäftigungen nachgehen, ohne
im Hause etwas zu versäumen.
Dem Ackerbau entsprechend waren ihre Wohnungen. Die alten
Deutschen wohnten nicht nach römischer Art in Städten, sondern in
Dörfern, die oft recht willkürlich gebaut waren. Jeder Hof hatte
einen möglichst großen Hofraum, auf dem die Wirtschaftsgebäude
standen, und einen Garten. Das ganze Gehöft war mit einem Zaun
her einer Mauer aus Findlingen umgeben. Der Zaun bildete die
Grenze des Familienreiches. In der ältesten Zeit war das ganze
Dorf auch noch mit einem Zaun umgeben. Die Dörfer wurden
immer zweckmäßig an Flüssen, Bächen, Seen oder am Fuße eines
Berges angelegt.
Um das Dorf herum erstreckte sich zunächst das geteilte Acker⸗
land, dann das übrige Gebiet, welches gemeinsam von den Dorf—
genossen zur Weide, Holzung, Fischerei usw. benutzt wurde. Das
ganze war die Dorfmark, ihre Teilhaber die Markgenossen.
Nach alten Quellen scheint die Anzahl der Wohnungen in einem
Dorfe 20 nicht überstiegen zu haben. Das ist erklärlich. Hatte ein
Slamm von einem Landstrich oder Landesteil Besitz ergriffen, so
entstanden zu gleicher Zeit an den verschiedensten Stellen des er—
oberlen Territoriums Dörfer. In diesem Falle bildeten alle Dör⸗
fer eine Markgenossenschaft, und der Teil des Landes, der übrig—
hlieb nach Anlage der Feldmarken, wurde dann nicht einem Dorfe,
sondern aällen zuür gemeinsamen Benutzung überwiesen. Die Mark—
genossen wurden durch verschiedene Rechte und Pflichten miteinander
Jerbunden. Es hatte jeder das Recht der Rodung im Walde. Die
Bestimmung über das „Wo“, „Wie“ und „Wann“ stand aber den
Genossen zů. Ohne Stimmenmehrheit konnte auch kein anderer auf⸗
genommen werden. Bei Veräußerungen in der Mark hatte jeder
Genosse das „Näherecht“. Jeder war verpflichtet zu gegenseitiger
Unterstützung, mußte Zeuge und Eidhelfer für den andern sein.
Die Dorfgründung und Ackerverteilung ist nun in folgender
Weise vor sich gegangen. Zunächst wählte man nur den Platz aus,
an dem das Dorf liegen sollste. Dann wurden gleiche Plätze für die
Gebäude, den Hofraum und den Garten abgemessen und unter die
Teilnehmer verlost. Hiernach schritt man zur Einteilung der Länderei,
und da hierbei jeder gleichmäßig zu berücksichtigen war, so mußten
auch alle Genossen gleiches Ackerland an Güte und Größe bekommen.
Heute würde diese Ärbeit viele Schwierigkeiten bereiten, Bonitierung
auf Bonitierung erfolgen, und Unzufriedenheit wäre das Resultat.
Unsere Vorfahren waren bedeutend praktischer und gingen einfacher
zu Werke. Nachdem sie die Wege, die zum Dorfe führen sollten,
abgemessen hatten, schied man das Land nach seiner inneren (LLehm,
Saͤnd,. Ton, Kalkl) und äußeren (niedrig, hoch, hügelig) Beschaffen⸗