460 139. Erleiehterungen im Geldverkehr.
sammlung eines möglichst großen Teiles des gesamten verfüg-
baren Geldbestandes der Nation an möglichst wenigen Stellen,
die dann auch den Zahlverkehr für den einzelnen besorgen oder
statt der Zahlung dureh Ausgleichung erledigen, hat das unbe⸗
dingteste Vertrauen in die dicherheit und Zuverlässigkeit dieser
Sammelstellen zur unumstößlichen Voraussetzung, die unser auch
Spekulationsgeschãfte betreibender Bankierstand nicht in der
Weise erfüllt wie der englische. Die mehrfachen „Bankbrüche
die in Deutschland große Aufregung hervorgerufen haben, sind
selbstverständlich nicht geeignet gewesen, das Vertrauen zu er,
höhen. In England dagegen ist die Scheidung zwischen „local
bankers“, die Kassierer ihrer Kunden und zugleieh Depositen-
banken sind, und den „foreign oder commissioner bankers“, die
Emissions- und Spekulationsgeschäfte treiben, streng durehge
führt, und die erstere Klasse genießt das Vertrauen, das dabin
geführt hat, daß eigentlich jeder „anständige“ Mensch in Eng-
Iand sein Konto bei einem dieser Bankinstitute hat, auf das er
seine Gläubiger durch Schecks anweist, wohin er seine Eingänge
zahlbar machen läßt. Im Kleinverkehr jedenfalls Kann der geheck
erst dann wirklich Wurzel fassen, wenn jedermann, der über—
haupt etwas besitzt, sein Scheckbueh in der Tasche trägt. In
Amerika werden sogar die Arbeitslöhne vorwiegend in Sehechs
ausgezahlt! Werden wir jemals auch nur annähernd so weit
kommen? Der Scheck sichert alle Vorteile der geldlosen Zahlung
und, in Verbindung mit dem Giroverkehr, ohne Beschränkung
auf den Ort. WVas aber die Beseitigung des Geldtransportes dureh
die Post bedeutet, das wird klar, wenn man einer 1879 von dem
jetzigen Handelsminister Möller angestellten Berechnung folgt,
der unter Zugrundelegung des damaligen Postanweisungsverkehrs
Deutschlands annanm, daß durch den 2 bis 3 Tage dauernden
Transport des Geldes allein jäbrlich 100 bis 120 Nillionen Mark
dem dauernden Verkehr entzogen wurden, was bei Benutzung des
Schecks vermieden wird. Damit das System, abgesehen von dem
Großverkehr, den gewünschten Anklang finde, wird es also wohl
der Loslösung der Depositenbanken vom Emissions- und Speku-
lationsgeschäft notwendig bedürfen. Der Umstand, daß wir noch
immer eines Scheckgesetzes entbehren, bildet zweifelsohne eben-
falls einen starken Grund für die erwähnte Rückständigkeit. Da
mit der kleine Mann das Vertrauen in das Papier, seine Benutzuns
und Wirkung gewinnt, bedürfen wir notwendig eines Gesetzes
Ob wirklich in dem deutschen Geschäftsmanne stärker als ander-
wärts — wie verschiedentlich behauptet wird — die Ab-⸗