Der große Kurfürst.
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Bauernkinder als Lehrlinge bei den Zünften zugelassen werden. Die
Meister sollten die Lehrjungen in gebührender Zucht halten, sie in
der Religion und in guten Sitten unterweisen. Das Aufdingen und
Lossprechen der Lehrjungen sollte ohne die bisher üblichen lächerlichen
und grausamen Ceremonien geschehen. An die Lehrzeit sollte sich
eine auf mindestens anderthalb Jahre angesetzte Wanderzeit an—
schließen. Übermäßige Lehrgelder und Zehrungen wurden untersagt.
Das Meistergeld wurde für die einzelnen Städte des Herzogtums
genau bestimmt. Dazu sollten nur nutzbare, leicht verkäufliche Meister—
stücke gefordert werden. Das Gewerbe sollte den Städten verbleiben,
auf den Dörfern durften nur Schmiede, Zimmerleute, Böttcher,
Schneider, Leineweber und Rademacher geduldet werden.
4. Über der Sorge für die Wiederbesetzung des Handwerks
wurde die Förderung der alteingebürgerten, aber in Verfall ge—
ratenen Manufakturen und Gewerbe nicht vergessen. Ganz besonders
widmete der große Kurfürst der Tuchmacherei, dem wichtigsten Gewerbe
in der Mark, die höchste Sorgfalt. Dieselbe hatte ihren Sitz besonders
in den Elbstädten, hauptsächlich in Stendal und Salzwedel, sowie
in der Mittelmark, vorzugsweise in Berlin-Köln, Brandenburg und
Frankfurt an der Oder. Noch unter Johann Sigismund wurde
die Anzahl der Tuchmacher in den brandenburgischen Städten auf
34000 mit einem jährlichen Wollverbrauch von über 800 000 Stein
geschätzt. Schon in dem ersten Jahrzehnt seiner Regierung traf der
Kurfürst Maßnahmen zur Hebung der Tuchmacherei; namentlich unter—
sagte er den Aufkauf und die Ausfuhr der Wolle. Im Jahre 1681
errichtete er zur besseren Belebung des Woll- und Tuchhandels einen
neuen Wollmarkt zu Brandenburg. Die Einfuhr fremder Tuche
wurde verboten, dagegen eine Reihe von Bestimmungen zur Ver—
besserung der einheimischen Tuchfabrikation erlassen. Eine weitere
Förderung erhielten die Handwerker unmittelbar durch das Verbot,
solche Rohstoffe, welcher die einheimische Gewerbethätigkeit für ihre
Erzeugnisse bedurfte, auszuführen. Alle inländische Ware wurde mit
dem kurfürstlichen Wappen gestempelt und der Verkauf aller un—
gestempelten untersagt.
5. Neben der Förderung des äußeren Wohlstandes war er auch
auf die Hebung der geistigen Bildung seines Volkes bedacht.
Von der Errichtung eigentlicher Volksschulen in unserem heutigen
Sinne ist in dieser Zeit zwar noch keine Rede, es finden sich jedoch
einige Keime, die auf den Anfang eines Volksschulwesens im Lande
hindeuten. Unterm 20. Mai 1662 befahl der Kurfürst, „daß die
Kirchen und Gemeinden allen Fleiß anwenden sollten, hin und wieder
sowohl in Dörfern, Flecken als in Städten wohlbestellte Schulen