Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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Handwerk und Kunst unter Preußens erstem König. 
4. handwerk und Runst unter Preußens erstem König. 
1. Durch die Errichtung des Königtums hatte Friedrich ein 
fruchtbares Samenkorn für die Zukunft der Geschichte seines Staates 
gelegt und den ersten, für alle Zeiten unwiderruflichen Schritt zur 
Größe Preußens gethan. „Was von vielen als ein Werk der Eitel— 
keit angesehen wurde, ergab sich in der Folge als ein Meisterwerk 
der Politik. Friedrich J. entzog seinen Staat damit der Abhängigkeit, 
in der das Haus Osterreich die anderen deutschen Staaten festhielt. 
Er schien durch seine That seinen Nachfolgern zuzurufen: Ich habe 
Euch einen Titel erworben, macht Euch dessen würdig; ich habe den 
Grund gelegt, vollendet das Werk!“ (Friedrich der Große.) 
Friedrichs Streben war jedoch nicht allein gerichtet auf die po⸗ 
litische Stellung des Staates, auf den Glanz der Krone, die Ver⸗ 
mehrung des Besitzstandes derselben, sondern entschieden auch auf 
die Wohlfahrt des Landes. Noch als Kurfürst hatte er das von 
seinem Vater eingeleitete heilsame Werk der Heranziehung fremder 
Ansiedler in die preußischen Lande fortgesetzt und die in dem Erlasse 
bom 29. Oktober 1685 den Neuanziehenden zugesagten Rechte und 
Freiheiten ausdrücklich bestätigt. Besonders stark war die Einwande— 
rung in den Jahren 1690—93; die Zahl der zugezogenen Franzosen 
in Brandenburg allein soll im Jahre 1697 über 12000 betragen 
haben. Als Friedrich durch den Erlaß vom 183. Mai 1709 die Ein— 
wanderer ausdrücklich den preußischen Unterthanen gleichgestellt hatte, 
wälzte sich in den Jahren 1709- 1712 ein zweiter Strom Neuan— 
ziehender heran. Den Franzosen, die bei weitem überwogen, schlossen 
fich Schweizer, Waldenser und Böhmen an. So erhielten der Ackerbau, 
die Gärtnerei und der Obstbau auch jetzt wieder eine Menge neuer 
Kräfte, namentlich in der Kurmark und in Ostpreußen, wo die 
Schweizer zahlreiche Ansiedelungen errichteten. Der gewerblichen 
Thätigkeit in den Städten aber kamen die größere Geschicklichkeit, 
der größere Unternehmungsgeist sowie die Geldmittel der Einwan— 
derer zu gute. „Ein neues, emsiges Treiben, ein neues gewerbliches 
Leben entfaltete sich gegen den Anfang des 18. Jahrhunderts in 
der Mark, deren Aussehen nach dem Zeugnisse der gleichzeitigen Schrift⸗ 
steller, insbesondere Marpergers (Beschreibung der Kgl. Preußischen 
Länder, 1710), sich gegen früher total verändert hatte. Die Städte 
waren zum großen Teil wieder bebaut worden, die Einwohnerschaft 
auf das Doppelte gestiegen, die Gewerbsthätigkeit hatte sich, vor— 
nehmlich auch unter den Segnungen des Friedens, der Wiederkehr 
gesicherter Rechtszustände, aufs neue gehoben. Die starke, fast luxu— 
riöse Bauthätigkeit Friedrichs J. beschäftigte viele Hände und Gewerbe,
	        
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