Full text: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen sowie für landwirtschaftliche Winter- und Ackerbauschulen

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2. Vor allem aber hat er die durch Ludwig XIV. begründete verderb¬ 
liche Art des Absolutismus durch sein gewaltiges Vorbild ver- 
drängt und eine neue Art des absoluten Regiments (die „aufaeklärte 
Absolutie") begründet. 
„L'etat c'est moi" (Ludwig) - „Ich bin der erste Diener des Staats" (Fried¬ 
rich); dort oft gewissenlose Laune des Fürsten und Selbstsucht, hier selbstloser Königs- 
wille und Förderung der Wohlfahrt des Volkes; dort Glaubenszwang, hier Dul- 
dung; dort äußerer fürstlicher Prunk und leerer Schein, hier ein einfacher Hofhalt, 
aber echte Würde in treuer Königsarbeit; dort Verderbnis der Sittlichkeit, hier 
strenge Zucht der ernsten Pflicht und männliche Entschlossenheit. 
So wirkte Friedrich „umgestaltend aus die ganze damalige Ge- T 
schichte"; er gab „dem Werte der Monarchie eine neue Weihe" (Graf Kaunitz 
sagt, Friedrich habe „den Thron und das Diadem geadelt"), , steigerte 
aber auch die Aufgaben des Königtums und die Ansprüche an dasselbe außer- 
ordentlich" (Hausier). jJi 
II. Bis zum siebenjährigen Krieg e. 
1 • Landesschutz. Der König vermehrte das Heer von Jahr zu Jahr 
Schlesien allem unterhielt über 40 000 Mann (in österreichischer Zeit 2000). 
Etwa 7000 Mann jährlich wurden immer noch außerhalb des Staates geworben, 
um die Arbeitskräfte des Volkes zu schonen. Die notwendig strenge Zucht wurde 
möglichst gemildert. Vor allem hielt der König aus F e l d t ü ch t i g k e i t und hielt 
deshalb jährlich große Feldmanöver. Untüchtige Offiziere wurden schonungslos 
entlassen. Spiel und Trunk durste nirgends einreißen. 
2. Rechtsschutz. Der König nahm den königlichen Amtleuten auf dem 
platten Lande die Justizverwaltung, die sie ohne hinreichende Rechtskenntnis geübt. 
Verwaltung und Justiz wurden getrennt; letztere wurde lediglich rechtsgelehrten 
Richtern übergeben. Durch den Justizminister Cpcceji („Gelehrt und Vorurteils- 
frei, schien er dazu bestimmt, als Gesetzgeber für das Glück seiner Mitmenschen 
zu wirken"; Friedrich der Große) führte der König eine Reform der Prozeß- 
ordnung (Codex Fridericianus, 1747) durch. (Gütliches Verfahren, 
danjs erst mündliche Verhandlung vor dem Richter, keine Verschlep¬ 
pung; in Pommern, wo sie zuerst eingeführt wurde, kamen 2400 alte Prozesse 
binnen 8 Monaten zur Erledigung.) „Ich habe mich entschlossen, den Gang der 
Gerichte me zu stören"; von diesem Grundsätze wich der König nur ab, wenn es 
galt, armen, geringen Leuten gegenüber einflußreichen Reichen zum Recht zu helfen. 
Preußen sollte ein „Rechtsstaat" fein. (Vgl. III, 5.) 
3. Wohlstand. Landwirtschaft. Fortgefetzt brachte der König durch allerlei 
Begünstigungen Ansiedler dazu, die seit dem 30jährigen Kriege wüsten Ge¬ 
biete , oder Sand-, Sumps- ober Waldland urbar zu machen, und zwar je 
nach der Art ihrer bisherigen Arbeit in der Heimat. 
Nach siebenjähriger schwerer Mühe gelang es, den Oderbruch (55 qkm) 
zwischen Frankfurt a. O. und Oderberg zu entwässern, das Sumpfgesilde in ein 
durch Dämme geschütztes Ackerland zu verwandeln und 95 neue Dörfer hier zu 
gründen („Hier habe ich eine Provinz im Frieden erobert").
	        
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