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I. Vom Ackerbau.
verfaulen oder verwesen, auch da bildet sich diese Luftart. Und die
Atmosphäre müßte in kurzer Zeit ganz ungeheure Mengen Kohlensäure
ansammeln, wenn nicht eben die Pflanzenblätter sie verzehrten. Sie
reinigen die Luft von der Kohlensäure. Aus der Luft stammt auch ein
Teil des Stickstoffs, den die Pflanze gebraucht. Er findet sich darin als
Ammoniak. Regen und Schnee führen es dem Boden zu, und nun nehmen
es die Wurzeln mit dem Wasser auf. Den weitaus größten Teil ihres
Bedarfs an Stickstoff entnehmen die Pflanzen aber den stickstoffhaltigen
Salzen des Bodens.
117. Wie die Aslanze die Nahrung aufnimmt.
Die Wurzeln nehmen die flüssigen Pflanzennährstoffe, das Wasser
und die darin gelösten Bodensalze, auf. Es ist merkwürdig, wie sie
dies Geschäft ausrichten, und wie sie dazu eingerichtet sind. Die Wurzeln
der Pflanzen stecken im Boden. Und wo eine Pflanze eine Haupt⸗
oder Pfahlwurzel hat, wie z. B. Bohne und Erbse, wenn sie keimen,
da wächst diese senkrecht in den Boden hinab. Die Seitenwurzeln
aber laufen wagerecht im Boden hin und verzweigen sich in ein Ge—
flecht feinster Fäserchen. So vermögen sie den Erdboden nach allen
Richtungen hin zu durchsuchen und auch die geringsten Mengen Nahrung
aufzufinden und auszunutzen. Von der Größe und Ausdehnung der
Wurzel hängen auch die Ansprüche ab, welche die Pflanze an den
Boden macht; denn je weiter sich diese auszubreiten vermag, desto besser
vermag sie noch auf einem verhältnismäßig mageren Felde zu ge—
deihen, wie z. B. die Gerste, die kleine Wurzeln hat, einen kräftigeren
Boden verlangt als der Hafer, dessen Wurzeln sich weit verbreiten. —
In die feinsten Lücken des Erdbodens dringen die Saugwürzelchen ein.
Ringsherum sind sie mit einem Filz feinster Härchen besetzt Das sind
die Wurzelhaare. Nur ihre äußerste Spitze ist frei davon. Gerade
die Wurzelhaare haben eine sehr wichtige Aufgabe. Sie sind es, die
die flüssigen Nährstoffe des Bodens aufnehmen.
Die Pflanze besteht von der Wurzelspitze bis zum äußersten Blatt
aus unzähligen winzigen Kämmerchen, den Zellen. Die sind rings—
herum von einer Haut oder festen Schale, der Zellwand, umgeben,
welche nirgendwo die geringste Offnung oder Spalte zeigt. Bei der
lebenden Zelle ist sie auf ihrer Innenseite wie mit einer Tapete von
einer schleimigen farblosen Masse ausgekleidet. Das ist der Bildungs—
schleim. Und alles, was an der Pflanze wächst und wird, sei es an
der Wurzel oder an Stengel, Blatt, Blüte und Frucht, bildet sich aus
ihm. In dem Bildungsschleim scheiden sich Tröpfchen von Flüssigkeit
ab, der Zellsaft. In vielen Zellen finden sich auch kleine grüne
Körnchen, das Blattgrün, und auch Stärkekörnchen und Zücker
sind oft darin. Die lebende Zelle wächst; sie nimmt flüssige Stoffe
auf und giebt welche ab, und zwar durch die Zellhaut hindurch — dann
nämlich, wenn der Zellsaft in ihr dichter oder nicht so dicht ist als
die Flüssigkeit, die von außen her die Zellwand berührt. Nun sind
die Wurzelhaare nichts als Zellen, kleine Säckchen mit flüssigem Inhalt.