Full text: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen sowie für landwirtschaftliche Winter- und Ackerbauschulen

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Begünstigungen, die insbesondere die fränkischen Könige, z. B. Hein- 
rich IV., den Städten zuwandten, förderten ihre Entwicklung. Die 
Hoheitsrechte des Königs, namentlich bezüglich des Gerichts- Obrigkeit: 
wesens und des Heerbannes, übte oft ein Burggraf aus; brachte Burggraf 
ein Bischof die Gewalt über eine Stadt an sich, so trat dafür ein 
bischöflicher Vogt ein. Die inneren städtischen Angelegenheiten Bogt 
wurden durch ein Ratskollegium geleitet, eine Anzahl Schöffen Stadtrat 
(Ratmannen) unter dem Vorsitze eines Bürgermeisters. 
Die Bürgerschaft zerfiel anfangs in *£rete und Unfreie. Die Bürgerschaft 
ersteren waren die eigentlichen burgenses; durch Handel oder Kunst- 
gewerbe allmählich reich geworden, nannten sie sich Geschlechter oder 
Patrizier und betrachteten sich, ebenso wie die in der Stadt ansässigen Patrizier 
ritterlichen Dienstmannen des Stadtoberherrn, als ritterbürtig 
(Stadtjunker); sie hatten allein das Recht auf die städtischen Ämter. 
Als Waffe führten sie die Lanze (Gleve, daher Eleven er), die 
niedere Bürgerklasse den Spieß („Spießbürger"). Aus den ur¬ 
sprünglich unfreien Leuten entwickelte sich bald ein freier Hand-Handwerker 
werkerstand, der allmählich immer größeren Einfluß gewann. Pfahl- 
bürg er nannte man die außerhalb der Stadtpfähle angesiedelten 
Schutzbürger. 
Gewaltigen Einfluß auf die Bedeutung und das Wachstum der 
Städte übten die Kreuzzüge aus. Die Städte Italiens wurden so 
mächtig, daß sie dauernd den deutschen Kaisem Trotz boten. Von Italien 
aus (§ 31 a. E.) gingen die kostbaren Waren des fernen Indiens, Handel 
Persiens, Arabiens, insbesondere Gewürze, Edelsteine, Gold und Seide 
über die Alpenpässe nach Süddeutschland, wo Städte wie Ulm, Augs- 
bürg, Nürnberg, Regensburg reich und mächtig wurden und 
völlige Selbständigkeit errangen (freie „Reichsstädte"). Von dort^tA?^ 
bewegte sich der Handel an dem Rhein entlang über das^goldene 
Mainz" und das „heilige Köln" in die (damals noch zu Deutsch- 
land gerechneten) Niederlande, wo wiederum Städte wie Gent 
und Brügge durch den Fleiß und das Geschick der Bürger empor¬ 
blühten. Die Geldwirtschaft/begann immer mehr die Natural- 
Wirtschaft zu verdrängen, und Leben und Sitten der Bürger ver- 
feinerten sich. 
5. Die Ausbreitung des Deutschtums im Osten. Nach 
vielen Seiten drang um diese Zeit das Deutschtum sieghaft vor (vgl. 
§ 273 über Heinrich den Löwen, §512 über Albrecht den Bären
	        
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