Full text: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen sowie für landwirtschaftliche Winter- und Ackerbauschulen

Von der Viehzucht. 
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und derlei Mittel auszutreiben. Unsichtbar sind sie und schweben 
in der Luft. Im Mist stecken sie und zuweilen auch im Futter. Aber 
bannen lassen sie sich doch, wenn man es nur am rechten Ende an— 
greift. Vor allem ist es nötig, daß man sie kennt. Guckt drum fleißig 
in Euren Stall, Nachbar, und dann denk' ich, werdet Ihr sie bald 
entdecken. Aber — vergeßt nicht — die Luft, die Luft im Stall müßt 
Ihr untersuchen und den Mist und das, was Ihr füttert, das trockene 
Fuͤtter und die Tränke. An den Wänden könnt Ihr auch einmal 
nachsehen; denn denen sollen sie auch Schaden tun, und nicht bloß 
dem Vieh. Und wenn Ihr sie trotz alledem nicht finden solltet, dann 
kommt einmal herüber zu mir und tut einen Blick in meinen Stall. 
Da kommen keine Hexen auf, ich habe sie daraus vertrieben. Und 
nun Gott befohlen, Nachbar Meier.“ Der tat, wie ihm Gevatter 
Hansmann gesagt hatte. Jeden Morgen hielt er Umschau in seinem 
Stall und des Nachmittags auch, so oft er nur konnte. Was er 
aber finden wollte, fand er nicht. Auf das Futter sollte er acht 
geben und auf die Luft im Stall — und auch die Wände sollte er 
besehen und den Mist. Das Futter, das die Knechte dem Vieh gaben, 
war gut und reichlich, so reichlich, daß die gute Tränke oft halb in 
der Krippe stehen blieb. Gutes Stroh und Heu erhielten die Rinder 
— korbweise, dazu Kartoffeln und Rüben schier im Überfluß und 
Kleie und Malzkeime noch obendrein. 
c. Am Futter konnte es also nicht liegen, daß es mit seinem 
Vieh nicht vorwärts wollte. So lag es wohl an der Luft. Die roch 
aber, wie sie in einem Viehstall zu riechen pflegte, wenn es ein 
ordentlicher Viehstall war. Besser einstreuen hätte der Knecht aller— 
dings können. Das Vieh stand nicht trocken. Der Mist war arg 
breüg, und die Jauche floß über den Boden. Und die Mauern 
waren arg, sehr arg zerfressen und zerfallen. Der Mauerfraß saß 
daran. Wer sollte der wirklich an all dem Unglück schuld sein? 
Das konnte er nicht glauben. 
2. a. So ging er denn am nächsten Sonntag hinüber zum Nach— 
bar Hansmann, um endlich hinter das Geheimnis zu kommen. 
Als der ihn in den Stall führte, ja, da sah es allerdings anders 
aus als bei ihm. Es saß kein Mauerfraß an der Wand. Sie war 
unten ringsher halbmannshoch zementiert, und auch der Boden 
im Stall war aus Zement und so sauber und rein wie die Dielen 
im Sälchen beim Kronenwirt, wenn er zur Kirmes rüstet. 
b. Und die Luft roch so ganz anders als die Stalluft gewöhn— 
lich, beinahe so wie die Luft draußen im Garten. Sauber waren 
auch die Krippen, wie ausgeleckt, und es lag kein Hälmchen darin. 
Gefüttert aber wurde sein Vieh reichlicher. Das wußte er genau. 
Sein Knecht hatte es ihm gesagt. Der hatte, ehe er zu ihm kam, 
bei Vetter Hansmann gedient. Und das Futter war doch allüberall 
die Hauptsache. Darum wollte ihm auch gar nicht in den Kopf, 
daß das bißchen Putzen und Sauberkeit gar so viel nützen sollte. 
Er hielt mit seinen Gedanken auch nicht hinterm Berg. Er sagte 
frei heraus, was nach seiner Meinung in des Vetters Wirtschaft
	        
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