Full text: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen sowie für landwirtschaftliche Winter- und Ackerbauschulen

328 
ID. Von der Viehzucht. 
besser sei und was schlechter als in der eigenen, und daß es ihm 
nicht in den Kopf wolle, daß „gut putzen“ besser sei als „gut 
füttern“. Vom Putzen sei bei ihm noch kein Schwein stark und 
fett geworden, wohl aber vom Füttern. 
. „Es ist mir lieb, daß Ihr so frisch von der Leber weg redet, 
lieber Nachbar,“ erwiderte Vetter Hansmann. „Seht, das ist ein 
eigen Ding mit uns Landwirten und mit der Landwirtschaft. Der 
Bauernsohn geht in der Regel bei seinem Vater in die Lehre. 
Der bringt ihm bei, was er selbst vom Großvater gelernt hatte. 
Davon paßt aber heute vieles nicht mehr in die Wirtschaft. Und 
von manchen Dingen hatten die Alten keine Ahnung. 
d. Ihr meint, hier im Stall werde besser geputzt, bei 
Euch aber besser gefüttert. Reden wir zunächst einmal vom 
ersten, vom Putzen, vom Sauberhalten des Stalls und des Viehs 
und der Krippen, ein kurzes Wort. Ihr haltet nicht viel davon, wie 
ich merke. Ich schlage es um so höher an. Vielleicht bekehrt Ihr Euch 
zu meiner Meinung, wenn ich Euch eine kurze Geschichte erzähle. 
Ich hatte einen Freund, das war ein echter rechter Bauer, kein 
Studierter. Er stellte zwei Schweine von derselben Rasse, von 
gleichem Alter und gleichem Geschlecht in denselben Stall zur Mast 
ünd gab ihnen genau dasselbe Futter. Nun putzte er das eine und 
hielt es fein saüber, das andere aber nicht. Und siehe, als er sie 
schlachtete, da hatte das sauber gehaltene Schwein einen ganzen 
Zentner Erbsen weniger gefressen als das andere, wog aber doch 
über einen Zentner mehr als jenes. 
e. Da habt Ihr eine Probe davon, was das Putzen nützt. Und 
daß ich es frei heraussage, der Schmutz im Stall zehrt am Vieh 
und macht es krank. Ihr meint dann, eine Hexe sei im Stall und 
brächte Eurem Vieh Katarrh, Stallhusten und Dampf und Dumm— 
koller und Schlafsucht. Ich will Euch sagen, wer es tut. Die schlechte 
Luft, die Luftpest tut es; das ist die böse Hexe. Wo die haust, da 
bleiben die Tiere schwach; das Futter wird nicht ausgenutzt; da 
ist Jammer und Elend im Stall. Und im Mist, im Stallboden, 
treiben andere Hexen ihr Wesen, wenn Ihr den nicht sauber und 
trocken haltet. Allerhand Krankheitskeime sind es. Wo die sich ein— 
genistet haben, da kommen Seuchen über Nacht in den Stall ge— 
schlichen und sind schier nimmer auszurotten. Besprechen und Sym— 
pathiemittel helfen da nichts, rein gar nichts. 
Die Tüchtigkeit der Alten in Ehren, aber von diesen Sachen 
wußten sie nichts. Und leider wissen es so viele Bauersleute heute auch 
noch nicht und müssen ihre Unwissenheit oft schwer, schwer büßen. 
k. Eure Fütterung sei besser, meint Ihr. Ich weiß auch, warum 
Ihr das annehmt, ohne daß ich in Euren Stall geguckt habe. Euer 
Großknecht läßt dem Vieh ständig die Raufe voll und prahlt dann 
damit, wie sehr er für die armen Tiere sorge. Aber seht, der 
Lüdrian — ich kenne seine Untugenden und habe ihn ja aus meinem 
Dienst entlassen, weil er mir durch sein unvernünftiges Füttern 
das Vieh ruinierte — tut es ja aus Bequemlichkeit, aus purer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.