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und Industrie in Deutschland von den frühesten bis auf die neuesten
Zeiten gekrankt hatten, ein Ende gemacht, und sodann war einem
zweiten, ebenso fühlbaren Übelstande, dem Mangel einer einheitlichen
Handelspolitik nach außen, für den größten Teil des nichtösterreichi⸗
schen Deutschlands abgeholfen. Der Zollverein war eine Handels⸗
macht ähnlich wie einst die Hansa; als solche konnte er mit fremden
Staaten Handels- und Schiffahrtsverträge abschließen, und zwar
natürlich günstigere, als dies ein einzelner Staat vermochte. Auch die
Finanzen der einzelnen Staaten standen sich bei dieser Vereinigung gut.
Die Gesamteinnahme des Zollvereins vermehrte sich von 1834 bis 1842
von 36 auf 63 Millionen Mark, also im Verhältnis von 4zu7,
während die Kopfzahl der Zollvereinsbevölkerung nur wie 4 zu 5
stieg. Zugleich ergibt sich aus dieser Steigerung der Zollein—
nahmen die Steigerung des Verkehrs der Zollvereinsstaaten mit
dem Auslande.
Neben diesen wirtschaftlichen und finanziellen Vorteilen hatte der
Zollverein auch eine sehr wichtige politische Bedeutung. Indem er
die in ihm verbundenen nahezu 29 Millionen Deutschen einander
wirtschaftlich näher brachte, bereitete er deren politische Einigung vor.
Der Gedanke, daß, wennschon die wirtschaftliche Einheit so große
Vortelle biete, eine politische, also eine auf alle Interessen und
alle Verhältnisse sich erstreckende Einigung, denselben Staaten
noch viel größere Vorteile hieten müßte — dieser Gedanke mußte
sich jedem nicht ganz Kurzsichtigen aufdrängen. Auch darin arbeitete
hiese wirtschaftliche Einigung der politischen vor, daß sie gewisse
wirtschaftliche Ubelstände, die von dem Mangel einer politischen Ein⸗
heit herrührten, wie die Verschiedenheit der Münzen, Maße, Gewichte
wenigstens teilweise beseitigte, z. B. ein gemeinsames Zollgewicht schuf
ünd endlich war es von ganz besonderer Bedeutung, daß diese wirt⸗
schaftliche Einigung durch den Anschluß der Staaten zweiten und
ilten Ranges an den Großstaat Preußen zustande gekommen war;
denn nicht allein erkannte man daraus, wie eng verwandt viele der
wichtigsten Interessen Preußens und dieser anderen Staaten unter—
inander seien, sondern es schwand auch so manche Abneigung und
Voreingenommenheit gegen Preußen. Genug, man kann sagen, daß
durch den Zollverein dem nationalen Einheilsgedanken und zwar in
der allein lebensfähigen Form eines preußisch⸗deutschen Bundesstaates
als eines in sich gleichartigen Ganzen auf die allererfolgreichste Weise,
nämlich durch greifbare Tatsachen, vorgearbeitet wurde. Der wirt⸗
schaftlichen Einigung folgte dann auch nach den schmerzlichen Kämpfen
boͤn 1866, welche das Übergewicht Preußens in Deutschland dauernd
sicherten, bie politische in dem Suͤd⸗ und Norddeutschen Bunde, welche
endlich die mächtige Feuersglut des von Frankreich 1870 herauf⸗
beschworenen Krieges zu einem einigen Deutschland zusammenschmiedete.
Prof. Dr. Q. Biedermann, Deutsche Volls- und Kulturgeschichte.