Full text: Deutsches Lesebuch für Handelsschulen

durch die Zerstörung von Wasser und Wind veranlaßt werden. Der 
Regen richtet zuweilen große Verwüstungen an; es sammeln sich wilde 
Bäche, welche den auf die Selsenabhänge gebrachten Erdboden weg— 
schwemmen und den Ackerboden von oben herabführen. So finden die 
armen Leute am Morgen zuweilen alle ihre mühselig hergeschleppten, 
zerhackten und sorgfältig ausgebreiteten Erdklöße und Schieferstücke mit 
dem Erdreich ihrer Nachbarn am Suße des Berges zu einer Schlamm— 
lawine vermischt. 
Um das beständige hin- und herschleppen der Gerätschaften und 
werkzeuge zu vermeiden, haben die Weinbauer sich hier und da kleine 
winzerhäuschen gebaut, die dann in der Zeit der Traubenreife als 
wachhäuser dienen. Sie gewähren vom Flusse aus einen sehr lieblichen 
Anblick. Zuweilen hat man bloß die Felsengrotten und die höhlen in 
den Bergabhängen mit verschließbaren Türen und Eingängen versehen. 
vor diesen höhlen sitzen die wächter des Abends beim Feuer oder die 
Arbeiter während der Mittagsonne im kühlen Schatten, sich mit Trank 
und Speise labend. Rutzner. 
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65 Der Thüringerwald. 
Der Thüringerwald dehnt sich in der Richtung von Südost nach 
Nordwest aus, von der Saale bis zur Werra. Er scheidet Thüringen 
von Franken, Norddeutschland und suddeutschland, das Gebiet des 
Mains von dem der norddeutschen Ströme. Die südöstliche Hälfte 
bildet eine gipfelarme hochfläche, welche durch eine Menge tiefgespaltener 
Täler in eine Zahl plumper hochrücken mit Bergbuckeln zerschnitten 
wird, die selten eine Aussicht gewähren, weil sie sich gegenseitig decken. 
Auf ihnen nehmen Nadelwälder den größeren Kaum ein, während in 
den Tälern überall größere Ackerstrecken und saftige Wiesen zwischen 
den dunklen Waldwänden sich hinschlingen. Durch zahlreiche Gewerke, 
welche sich längs der Bäche angesiedelt haben, wird die hin und 
wieder einförmige, fast düstere Landschaft freundlich belebt. Anders 
ist die nordwestliche hälfte des Thüringerwaldes gestaltet. Sie bildet 
eine schmale, langgestreckte Bergkette, umlagert von kurzen Terrassen, 
durchschnitten von vielen Tälern und Ssschluchten und gekrönt von 
scharfkantigen Felsen und rundlichen Bergspitzen, die freie Fernsicht 
gewähren. 
Fast überall im Thüringerwalde begrüßt uns Anmut und trauliches 
Leben. hier fesselt unseren Blick die reiche Mannigfaltigkeit bewaldeter 
hügel und Berge, die an dem hauptkamme auf⸗ und nebeneinander 
emporschwellen, und aus denen östers alte Burgen oder kühne Felsen 
emporragen; dort verfolgt er eines der tief und steil eingesenkten zahl— 
reichen Quertäler. An den höhen wie in den Tälern wechseln üppige 
wiesengründe mit stattlichen Waldungen, welche ein Hauptschmuck des
	        
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